Im Tarifkonflikt des deutschen Einzelhandels droht die Gewerkschaft Verdi mit Streiks im Weihnachtsgeschäft. Sie reagierte damit auf die Ankündigung des Handelsverbands Deutschland (HDE), die regionalen Tarifverhandlungen nicht fortsetzen zu wollen.
Der HDE hatte Verdi zu einem Spitzengespräch auf Bundesebene aufgerufen. «Nach rund 60 Verhandlungsterminen im letzten halben Jahr ist klar, dass wir eine neue Ebene mit unserem Sozialpartner finden müssen», teilte HDE-Tarifgeschäftsführer Steven Haarke mit.
«Ziel des Treffens ist eine Einigung über ein neues effektives Verhandlungsformat.» Bis dahin sähen die Handelsverbände in weiteren Verhandlungsrunden auf Landesebene «keinen Sinn mehr».
Verdi: «Einmaliger Vorgang in der Tarifgeschichte»
Verdi nannte den HDE-Vorschlag skandalös, dieser sei «ein einmaliger Vorgang in der Tarifgeschichte». Er bedeute, «ein sogenanntes Spitzengespräch mit den Konzernvertretern zu führen – also mit genau den Personen, welche bislang monatelang eine Verbesserung der Angebote in den Tarifverhandlungen auf Arbeitgeberseite verhindert haben», sagte Verdi-Vorstandsmitglied Silke Zimmer.
Dies werde man nicht hinnehmen. «Streiks im Weihnachtsgeschäft werden damit nahezu unausweichlich», fügte sie hinzu. Verdi verweigere sich keinen Gesprächen, egal auf welcher Ebene, aber die Tarifverhandlungen müssten fortgeführt und vereinbarte Termine eingehalten werden.
Verdis Forderungen
Seit Monaten ringen Verdi und die Arbeitgeber in den 16 Bundesländern um höhere Löhne und Gehälter für Millionen Beschäftigte. Die Tarifverhandlungen werden für den Einzel- sowie für den Großhandel separat und bisher auf Landesebene geführt.
Verdi fordert im Einzelhandel unter anderem in allen Regionen mindestens 2,50 Euro mehr pro Stunde und eine Laufzeit von zwölf Monaten. Je nach Bundesland kommen weitere Forderungen hinzu.
Die Arbeitgeber bieten eigenen Angaben zufolge eine Anhebung der Tarifentgelte von mindestens zehn Prozent in zwei Stufen sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 750 Euro an. Die Laufzeit soll demnach 24 Monate betragen.
Der HDE hatte sich bereits vor einigen Wochen in den Konflikt eingeschaltet und den Unternehmen empfohlen, die Entgelte schon vor einem offiziellen Tarifabschluss zu erhöhen. Nach einem Beschluss des tarifpolitischen HDE-Ausschusses besteht für tarifgebundene Unternehmen seit dem 1. Oktober die Möglichkeit, «freiwillige anrechenbare Vorweganhebungen in Höhe von 5,3 Prozent auszuzahlen», hieß es. Unter anderem die Rewe-Gruppe und einige andere Handelsunternehmen folgten dieser Empfehlung.
Verdi hatte die vom HDE vorgeschlagene Entgelterhöhung als zu niedrig zurückgewiesen. «Das sind für eine Verkäuferin 92 Cent die Stunde, und das bedeutet Reallohnverlust. Die Beschäftigten beziehen ohnehin schon sehr niedrige Löhne, und die Inflation der letzten Monate frisst die Löhne zusätzlich auf», teilte Gewerkschaftschef Frank Werneke Mitte September mit.