Vor dem US-Zinsentscheid haben die Anleger am deutschen Aktienmarkt eine abwartende Haltung eingenommen. Fand der Dax zunächst keine eindeutige Richtung, rutschte er am Nachmittag etwas klarer ins Minus ab, je näher der am Abend anstehende Entscheid der Notenbank Fed rückte.
Der Dax schloss 0,40 Prozent tiefer bei 16.903,76 Punkten. Wie schon am Vortag waren die 17.000 Punkte, die der Leitindex im Dezember erstmals knapp übertreffen konnte, im Tagesverlauf eine zu hohe Hürde. Erneut drehte der Dax wenige Punkte darunter ab. Der MDax gab um 0,21 Prozent auf 25.959,00 Zähler nach.
Die Marktakteure erhoffen sich von der Zinsentscheidung am Abend Aufschluss über den weiteren geldpolitischen Pfad der Fed. Die an den Finanzmärkten heiß diskutierten Fragen sind, wann die US-Währungshüter erstmals nach längerer Zeit wieder die Zinsen herunterschrauben und wie viele Zinssenkungen es in diesem Jahr geben wird.
«So hoch wie die Erwartungen an die Unternehmen in der laufenden Berichtssaison, so hoch sind auch die Erwartungen an die Geldpolitik, aus den Hoffnungen auf Zinssenkungen möglichst früh im Jahresverlauf auch Fakten werden zu lassen», bemerkte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets.
Laut dem Marktbeobachter Michael Hewson vom Broker CMC Markets wirkten sich Gewinnmitnahmen im US-Tech-Sektor vor dem Fed-Termin etwas belastend auf die hiesigen Märkte aus. In den USA sackten vor allem die Aktien des Google-Mutterkonzerns Alphabet nach einem enttäuschenden Quartalsbericht ab. Bei Microsoft wurde nach einer Rekordjagd Kasse gemacht.
Die am Nachmittag veröffentlichten deutschen Inflationsdaten hatten insgesamt wenig Einfluss. Die Teuerungsrate erreichte den niedrigsten Wert seit Juni 2021. «Der Rückgang der deutschen Inflation wird Spekulationen über eine baldige Zinssenkung durch die EZB befeuern. Aber hinter einer günstigen Gesamtinflation steckt immer noch genügend Preisdruck, der Anlass zur Sorge gibt», sagte Carsten Brzeski von der ING Bank.
Vor dem Fed-Entscheid sinkende Kapitalmarktzinsen sorgten für festere Kurse im Immobiliensektor. Die Papiere von Vonovia gewannen 2,4 Prozent. Die Titel von TAG waren mit einem Kursaufschlag von 6,3 Prozent Spitzenreiter im MDax. Der Immobiliensektor profitiert tendenziell von niedrigen Kapitalmarktzinsen, da sie Käufe attraktiver machen und auch die Refinanzierung verbilligen.
Während Bayer im Dax seine Talfahrt mit einem Rücksetzer um vier Prozent fortsetzte, gehörte Lanxess im MDax zu den größten Verlierern. Bayer waren 2023 schon im Dax besonders stark gefallen und 2024 beläuft sich der Abschlag nun schon wieder auf 14 Prozent. Als Belastung bei Lanxess galt eine gestrichene Kaufempfehlung von Kepler Cheuvreux.
Im SDax setzten die Anteilsscheine von Atoss nach Quartalszahlen des Softwarespezialisten ihren jüngsten Rekordlauf fort, indem sie um vier Prozent stiegen.
Zum SDax-Spitzenreiter avancierte aber letztlich ProSiebenSat.1 mit einem Kurssprung um 4,3 Prozent. Forderungen des italienischen Großaktionärs MediaForEurope hinsichtlich notwendiger Management-Entscheidungen erhöhten das Interesse der Anleger an den Aktien.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gab um 0,3 Prozent nach. In Paris und London standen für die jeweiligen Leitindizes Abgaben von bis zu einem halben Prozent zu Buche. In den USA setzte der Leitindex Dow Jones Industrial seine Rekordjagd fort, auch wenn er zuletzt nur auf Vortagsniveau stand. Der Nasdaq-100-Index dagegen litt unter Gewinnmitnahmen.
Der Euro wurde zuletzt mit 1,0857 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0837 (Dienstag: 1,0846) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9228 Euro.
Die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen fiel von 2,24 Prozent am Vortag auf 2,22 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,04 Prozent auf 126,20 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,66 Prozent auf 135,78 Zähler.