Der Einzelhandel in Deutschland beklagt lange Wartezeiten beim Anschluss von Photovoltaikanlagen und Ladesäulen und fordert eine schnellere Bearbeitung durch die Verteilnetzbetreiber. Von den Verzögerungen betroffen sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unter anderem die Handelsriesen Aldi Nord, Edeka, Lidl und Rewe, der Großhandelskonzern Metro und der Möbelhändler Ikea.
«Händlerinnen und Händler haben große Schwierigkeiten, Solaranlagen und E-Ladepunkte überhaupt an das Netz angeschlossen zu bekommen. Das kann nicht im Sinne der Energiewende sein», sagte Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Unternehmen warten demnach bis zu 18 Monate, bis ein Anschluss steht. In vielen Bundesländern gibt es bei gewerblichen Neubauten eine gesetzliche Pflicht zum Ausbau von Photovoltaikanlagen und Ladeinfrastruktur.
Der Discounter Aldi Nord hat nach eigenen Angaben bereits etwa 650 seiner 2200 Filialen in Deutschland mit Photovoltaikanlagen bestückt. In diesem Jahr sollen bis zu 100 weitere Anlagen in Betrieb gehen. Außerdem sind 1000 neue Ladesäulen auf den Parkplätzen geplant. Der bürokratische Aufwand für die Anmeldung sei groß, heißt es. Nachdem die Anlagen installiert sind, dauere es zu lang, bis sie auch genutzt werden können. Bis zu zwölf Monate sind es laut Aldi Nord.
Bei Lidl, wo ebenfalls viele Filialen mit Photovoltaik und Ladesäulen ausgestattet werden, sind es einer Sprecherin zufolge bis zu acht Monate. Von Verzögerungen beim Ausbau berichtet auch Edeka. Diese seien jedoch auch auf gestiegenen Materialbedarf, fehlende Fachkräfte sowie auf gestörte Lieferketten zurückzuführen.
Bearbeitungszeiten «länger als üblich»
In Deutschland gibt es rund 870 Verteilnetzbetreiber, darunter viele Stadtwerke. Sie liefern Strom zu den Endkunden und erteilen die Freigabe, dass Solaranlagen Strom ins Netz einspeisen dürfen. Die technischen Anschlussbedingungen und Anmeldeverfahren unterscheiden sich vielfach. Der HDE fordert eine bundesweite Vereinheitlichung, um die Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Wartezeiten von bis zu 18 Monaten will keiner der angefragten Netzbetreiber bestätigen. Sie verweisen auf die zuletzt rasant gestiegene Zahl an neuen PV-Anlagen und Genehmigungsanfragen. Die Bearbeitungszeiten seien «derzeit länger als üblich», sagt ein Sprecher der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft. «Besonders große Anlagen erfordern einen erhöhten Prüfaufwand.» Bei nicht vollständigen Anträgen seien zeitaufwändige Korrekturen nötig. Viele der angefragten Netzbetreiber geben an, auf die gestiegene Nachfrage reagiert zu haben – etwa mit der Digitalisierung des Verfahrens.
Vervierfachung der Zubauzahlen
Auch der Energiewirtschaftsverband (BDEW) sieht eine starke Zunahme der Anschlussbegehren. «Die Netzbetreiber schließen aktuell mit Hochdruck Wärmepumpen, Wallboxen und PV-Anlagen an ihr Netz an», sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung. «Viele Netzbetreiber fahren Sonderschichten, zum Teil samstags, um dem Ansturm Herr zu werden.» Bei größeren PV-Anlagen kann es laut BDEW dazu kommen, dass das Netz ausgebaut oder ein neuer Transformator gebaut werden muss.
Gerade bei großen Wärmepumpen kann aufgrund der hohen Anzahl gleichzeitig anzuschließender Geräte demnach ein Ausbaubedarf bestehen. «Die Realisierung des Netzanschlusses kann aufgrund erforderlicher Baugenehmigungen und Engpässen bei Tiefbauunternehmen im Einzelfall Zeit in Anspruch nehmen, ist aber unvermeidbar», so Andreae. Der Verband rät vor allem Kunden mit hohen Anschlussleistungen, möglichst frühzeitig mit dem Netzbetreiber vor Ort das Vorhaben und die Einbindung in das Netz besprechen.
Die Bundesnetzagentur steht nach eigenen Angaben im Austausch mit den Netzbetreibern. Die Zubauzahlen haben sich der Behörde zufolge zwischen 2021 und 2023 vervierfacht. Bemerkenswert sei, dass die befragten Netzbetreiber es geschafft hätten, die Bearbeitungszeiten ungefähr konstant zu halten, sagte ein Sprecher. Das vom Bundeswirtschaftsministerium auf den Weg gebrachte Solarpaket werde weitere Erleichterungen bringen. «Wir sind optimistisch, dass die Bearbeitungsdauer kein dauerhaftes Problem bleiben wird.»