• Do. Nov 21st, 2024

Inflation im Gesamtjahr 2023 bei 5,9 Prozent

Die hohen Lebensmittelpreise belasten Verbraucherinnen und Verbraucher. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sina Schuldt/dpa)

Die Inflation in Deutschland lässt nur allmählich nach. 2023 war für Verbraucherinnen und Verbraucher das zweitteuerste Jahr seit der Wiedervereinigung, im Dezember zog die Teuerung wieder an. Im Jahresschnitt legten die Verbraucherpreise nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes um 5,9 Prozent zu. Einen höheren Wert in einem Gesamtjahr gab es im wiedervereinigten Deutschland nur 2022 mit 6,9 Prozent. Volkswirte rechnen in diesem Jahr zwar mit sinkenden Teuerungsraten, der Weg zu dauerhaft niedrigeren Raten dürfte aber «wohl steinig bleiben», wie Deutsche-Bank-Ökonom Sebastian Becker es einschätzt.

Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hält das Inflationsproblem noch nicht für gelöst. Dabei spielten auch politische Entscheidungen eine Rolle, wie die Anhebung des CO2-Preises von 30 Euro je Tonne Kohlendioxid (CO2) auf 45 Euro. «Am Ende dürfte sich die Inflation eher bei 3 als bei 2 Prozent einpendeln, weil die Löhne kräftig steigen», prognostiziert Krämer.

DZ-Bank-Chefvolkswirt Michael Holstein erwartet ebenfalls einen vorerst erhöhten Preisdruck im neuen Jahr: «Das liegt vor allem am erhöhten CO2-Preis und der wieder gestiegenen Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Von der Zwei-Prozent-Marke der EZB sind wir in Deutschland 2024 auch deshalb noch ein gutes Stück entfernt.»

Die Europäischen Zentralbank (EZB) strebt für den Euroraum mittelfristig stabile Preise bei 2,0 Prozent Inflation an. Im Kampf gegen die hohe Teuerung im gemeinsamen Währungsraum haben die Währungshüter die Leitzinsen seit Sommer 2022 zehn Mal in Folge erhöht.

Inflation dürfte auch 2024 «sehr unsozial» sein

DIW-Präsident Marcel Fratzscher fürchtet, dass die Inflation auch 2024 «sehr unsozial sein und Menschen mit geringen Einkommen deutlich härter treffen» wird. Vor allem die Mieten könnten weiter deutlich steigen. Und auch die Energiekosten könnten wieder zulegen, weil steuerliche Entlastungen wegfallen und der CO2-Preis steigt.

Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sie können sich dann für einen Euro weniger leisten. Der finanzielle Spielraum der Menschen schrumpft, Einkommenszuwächse werden von der Inflation aufgezehrt. Besonders hart trifft es Studien zufolge Menschen mit geringeren Einkommen, weil sie einen höheren Anteil ihres monatlichen Einkommens für Energie und Lebensmittel aufbringen müssen.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hatten sich vor allem Energie und Lebensmittel sprunghaft verteuert. Die Teuerungsrate in Deutschland kletterte bis auf 8,8 im Herbst 2022. Anfang 2023 lag die Inflation noch bei 8,7 Prozent.

Teuerungsrate zieht im Dezember wieder an

Im Dezember zog die Inflation den vorläufigen Berechnungen des Bundesamtes in Wiesbaden zufolge nach fünf Monaten mit rückläufigen Werten wieder auf 3,7 Prozent an. Im November war mit 3,2 Prozent der niedrigste Stand seit Juni 2021 erreicht worden.

Ein wichtiger Grund für die Trendwende: Ein Jahr zuvor hatte der Staat im Dezember einmalig die Kosten für den Abschlag der Gas- und Fernwärmekunden übernommen. Dieser preisdämpfende Effekt entfällt in der Berechnung für Dezember 2023. Energie verteuerte sich zum Vormonat um 4,1 Prozent. Für Nahrungsmittel mussten die Menschen im letzten Monat des gerade zu Ende gegangenen Jahres 4,5 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Von November auf Dezember 2023 stiegen die Verbraucherpreise voraussichtlich insgesamt um 0,1 Prozent.

Nach Einschätzung von Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung ist die Inflationsdynamik in Deutschland allerdings gebrochen «und die Zeit wirklich hoher Inflationsraten ist vorbei».

Die bislang höchste Teuerungsrate in einem Gesamtjahr war in der damaligen Bundesrepublik 1951 mit 7,6 Prozent gemessen worden. Allerdings wurde die Berechnungsmethode im Laufe der Zeit geändert.

Von Friederike Marx und Jörn Bender, dpa