Die Bundesregierung hat sich nach langem Ringen auf eine Strategie zum Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke in Deutschland geeinigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätten die wesentlichen Elemente einer Kraftwerksstrategie sowie Festlegungen zu weiteren Vorhaben vereinbart, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.
Demnach soll die Kraftwerksstrategie den Rahmen schaffen für Investitionen in moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke, die in der Lage sind, zukünftig mit Wasserstoff betrieben zu werden, hieß es. Kurzfristig sollen neue Kraftwerkskapazitäten im Umfang von bis zu viermal 2,5 Gigawatt wasserstofffähige Gaskraftwerke ausgeschrieben werden. Die Förderungen sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, einem Sondertopf des Bundes.
Wie es aus Koalitionskreisen hieß, liegen die Kosten bei ungefähr 16 Milliarden Euro für die nächsten rund 20 Jahre.
Erarbeiten von neuen Konzepten
Laut Mitteilung wurde vereinbart, dass Konzepte für einen sogenannten Kapazitätsmechanismus erarbeitet werden sollen. Eine politische Einigung darüber solle innerhalb der Bundesregierung bis spätestens Sommer 2024 erzielt werden. Über einen solchen Mechanismus könnten Betreiber in einigen Jahren dafür honoriert werden, dass sie Kraftwerkskapazitäten vorhalten.
Weiter hieß es, die Planungs- und Genehmigungsverfahren für die in der Kraftwerksstrategie enthaltenen Kraftwerke sollten substanziell beschleunigt werden. Die gefundene Einigung zur Kraftwerksstrategie werde mit der EU-Kommission in Brüssel beraten.
Vorausgegangen waren lange Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung, vor allem zwischen Scholz, Habeck und Lindner.
Die Energiebranche wartet seit langem auf eine Strategie zum Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke bis 2030. Bis dahin sollen erneuerbare Anlagen massiv ausgebaut werden. Das Ziel der Bundesregierung lautet: 80 Prozent des Stroms sollen 2030 aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Derzeit ist es etwas mehr als die Hälfte.
Union sieht noch viele Fragen
Die Union sieht bei der Einigung auf eine Kraftwerksstrategie noch viele offene Fragen. Der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Andreas Jung, sagte, es bleibe bei Ankündigungen, es gebe mehr Fragen als Antworten und damit noch immer keine Klarheit für die Investoren. «Die Hängepartie der Ampel gefährdet Klimaziele, Versorgungssicherheit und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zum Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen wir parallel neue Gaskraftwerke, die dann baldmöglichst klimaneutral betrieben werden können.»
Die zentrale Antwort bleibe die Ampel-Koalition schuldig: Die Finanzierung der neuen Kapazitäten bleibe unklar, kritisierte der CDU-Politiker. Keine Klarheit gebe es auch weiter zur Regionalkomponente. «Wir benötigen Erzeugungskapazitäten auch bei den starken Industriezentren im Süden.»
Ersatz für Sonne und Wind
Die neuen Gaskraftwerke sollen in «Dunkelflauten» – wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint – einspringen, um die Stromnachfrage zu decken. Energieunternehmen scheuen aber bisher Investitionen, weil sich die neuen Kraftwerke nicht rechnen.
Habeck hatte sich für eine staatliche Förderung ausgesprochen, die sich im Milliardenbereich bewegen könnte. FDP-Politiker hatten auf die hohen Kosten einer Förderung verwiesen und «Technologieoffenheit» gefordert.
Die Ampel-Koalition hatte sich darauf verständigt, den Kohleausstieg «idealerweise» auf 2030 vorzuziehen, um den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids zu verhindern. Bislang ist ein um acht Jahre vorgezogener Ausstieg aber nur im Rheinischen Revier beschlossen. In den Revieren in Ostdeutschland ist er umstritten. Neue Gaskraftwerke könnten vor allem Kohlekraftwerke ersetzen. Sie sollen zunächst mit Erdgas, dann aber zunehmend mit klimafreundlichem Wasserstoff betrieben werden.