Die Bundesregierung sieht derzeit keine Engpässe bei der Gasversorgung in Deutschland. Die Gasspeicher seien auch im internationalen Vergleich gut gefüllt, zum Beispiel viel mehr als in Großbritannien, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums.
Das Ministerium beobachte die Lage am Gasmarkt sehr genau. Mit Blick auf deutliche Preissteigerungen sagte die Sprecherin, es gebe einen Strauß an Ursachen. Sie verwies etwa auf das Wiederanziehen der Konjunktur in Asien. Der Markt reagiere bereits, so habe Norwegen das Fördervolumen erhöht.
Die Großhandelspreise für Gas waren in den vergangenen Monaten sehr stark gestiegen. Nach Angaben des Vergleichsportals Check24 liegt der Börsenpreis auf einem Allzeithoch. Für September sei bisher ein Preis von 44,03 Euro pro Megawattstunde ermittelt worden. Im September 2020 habe die Megawattstunde nur 7,99 Euro gekostet, das sei eine Steigerung von 451 Prozent.
Viele Verträge gekündigt
Die großen Gasversorger kaufen allerdings langfristig ein, so dass Preissprünge an der Börse nicht unmittelbar durchschlagen. «Wir kaufen die benötigten Energiemengen langfristig und vorausschauend ein, um genau solche Preisspitzen, wie wir sie derzeit erleben, im Sinne unserer Kunden zu vermeiden», teilte der Energiekonzern Eon mit.
Nach der Preisexplosion an den Gasmärkten will ein kleiner Anbieter die Belieferung von Kunden mit Erdgas einstellen. Das Unternehmen Deutsche Energiepool (DEP) aus Salzbergen in Niedersachsen teilte auf seiner Internetseite mit, es sei «aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit» gezwungen, viele der geschlossenen Verträge zu kündigen. Bis zum Tag des Wirksamwerdens der Kündigung werde die Deutsche Energiepool die Verträge erfüllen.
Das Unternehmen hat sich nach eigenen Angaben auf die Beschaffung von Erdgas für Industriekunden und Stadtwerke spezialisiert und beliefert seit dem Jahr 2021 auch Privatkunden. Für Nachfragen war es am Freitag nicht zu erreichen.
Bessere Aufsicht durch Bundesnetzagentur gefordert
«Die Massenkündigung der Gaslieferverträge nach nur wenigen Monaten, Wochen oder sogar nur 14 Tagen Laufzeit vor Beginn der Heizperiode ist außergewöhnlich», sagte der Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW, Udo Sieverding. Die Verbraucherzentrale erreichten derzeit auffällig viele Beschwerden von DEP-Kunden.
Auffällig sei auch die DEP-Tarifstruktur mit einem sehr hohen Grundpreis und gleichzeitig außergewöhnlich niedrigem Arbeitspreis, sagte Sieverding. Dies rechne sich für Verbraucher nur dann, wenn bei hohem Verbrauch während der heizintensiven Monate Gas geliefert werde. Nach den Kündigungen vor der Heizperiode bestehe ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Die Bundesnetzagentur müsse als Aufsichtsbehörde wachsam sein.
Eine Sprecherin der Bundesnetzagentur teilte mit, eine Anzeige der Beendigung der Belieferung liege der Behörde bisher nicht vor. Grundsätzlich stehe es Energielieferanten frei, dieses Geschäftsfeld zu verlassen. Die Beendigung der Energielieferverträge richte sich nach den zivilrechtlichen Regelungen, insbesondere dem vertraglich vereinbarten Kündigungsrecht.
Privatkunden, denen der Liefervertrag durch das Unternehmen gekündigt wurde, haben Anspruch auf Belieferung durch den örtlichen Grundversorger. Das ist nach eigenen Angaben in vielen Teilen Deutschlands Eon. «Wir stellen sicher, dass es zu keiner Unterbrechung der Energieversorgung kommt», teilte Eon mit.