Für Immobilienbesitzer lohnt sich an diesem Freitag ein Blick nach Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof (BGH) will ein Urteil zur Sanierung von Schrottimmobilien durch eine Eigentümergemeinschaft verkünden.
Laut Gesetz entfällt die Sanierungspflicht, wenn ein Gebäude «zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört» ist. Bei der Verhandlung im September hatte die Vorsitzende Richterin des fünften Zivilsenats, Christina Stresemann, allerdings gesagt, damit dürften nur echte Zerstörungen durch Feuer oder Überflutung gemeint sein – und kein Verfall. Selbst eine völlig heruntergekommene Immobilie muss demnach aller Voraussicht nach von der Eigentümergemeinschaft saniert werden, wenn sonst die weitere Nutzung unmöglich wäre. Auch eine mögliche wirtschaftliche Überforderung einzelner Eigentümer könne nicht dazu führen, dass eine Sanierung ausbleibe, sagte Stresemann.
Der Eigentümerverband Haus & Grund erwartet das Urteil mit Spannung. Es werde zwar nicht Zigtausende solcher Fälle geben, in denen eine Eigentümergemeinschaft eine Immobilie habe verfallen lassen, sagte Bundesgeschäftsführer Gerold Happ der Deutschen Presse-Agentur. Ob der BGH die Sache aber allgemein regle oder jeder Einzelfall geprüft werden müsse, sei relevant für die Branche. Es könne ja nicht sein, dass manche Eigentümer der Gemeinschaft durch Nichtstun das Bemühen anderer um eine Sanierung torpedieren und sie um ihr Recht bringen.
Die zentrale Frage ist laut Christian Osthus vom Immobilienverband Deutschland IVD, ob auch Fälle der Überalterung und/oder unterlassener Instandhaltung und Instandsetzung des Gebäudes eine Zerstörung im Sinne des Gesetzes darstellen. Da ein derart fortgeschrittener Verfall wohl vor allem bei ungenutzten Gebäuden vorkommt, geht der stellvertretende Bundesgeschäftsführer davon aus, dass sich der Fall nur auf Gebäude übertragen lässt, die nicht zum Wohnen dienen. «Dass ein bewohntes Wohngebäude behördlich unbenutzbar erklärt wird, dürfte eher die Ausnahme sein», erklärte Osthus.
Anlass des Verfahrens in Karlsruhe ist ein Streit um ein baufälliges Parkhaus in Augsburg mit 550 Stellplätzen auf elf Etagen. Es ist größtenteils stillgelegt, wodurch Besuchern eines nahen Kongresszentrums Parkmöglichkeiten fehlen. Eine GmbH will ihre drei Ebenen weiter an ein Hotel vermieten. Die anderen Eigentümer – darunter zwei Großeigentümer – hatten wegen Mängeln beim Brandschutz mehrheitlich ein Nutzungsverbot für das gesamte Parkhaus beschlossen.
Eine gemeinsame Sanierung ist nicht vorgesehen, die GmbH könnte höchstens auf eigene Kosten tätig werden. Bisher war die GmbH dagegen vergeblich vor Gerichten vorgegangen. Das Landgericht München I hatte zuletzt entschieden, dass ausnahmsweise auf die Sanierung verzichtet werden könne. Deren Kosten würden auf 4,9 Millionen Euro geschätzt. Das sei über eine Million mehr, als das Parkhaus noch wert sei. Richterin Stresemann legte den Eigentümern nahe, sich zu einigen. Das wäre auch die Voraussetzung für eine Auflösung der Gemeinschaft.
Der Fall ist eher speziell. «Alles, was wir hier an Grundsätzen aufstellen, wird auch für Wohnungen gelten», sagte Stresemann. Nach Vorberatungen hielt ihr Senat deshalb eine großzügigere Auslegung des Gesetzes für problematisch. Die Richterinnen und Richter sehen die Gefahr, dass Eigentümern quasi die Wohnung entzogen wird – etwa weil ein einsturzgefährdetes Treppenhaus nicht mehr betreten werden darf.
«Wenn der BGH zu dem Ergebnis kommt, dass in Fällen unterlassener Instandsetzung eine Zerstörung vorliegen könnte, könnte die Entscheidung zu mehr Streit führen, bei dem um den Grad der Unterlassung gestritten wird», erklärte Osthus vom IVD.