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Letzte große Warenhauskette will sich neu erfinden

Die neu gestaltete Galeria an der Hauptwache in Frankfurt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Boris Roessler/dpa)

Tschüss Karstadt! Tschüss Kaufhof! Deutschlands letzte große Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof erfindet sich neu. Unter dem Namen Galeria will der Handelsriese, der mit seinen 131 Warenhäusern noch immer viele Innenstädte prägt, nach schwierigen Jahren wieder Tritt fassen.

«Wir wollen das vernetzte Herz der Innenstadt werden», sagte Galeria-Chef Miguel Müllenbach am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Dazu will der Konzern die zum Teil recht angestaubten Filialen in den kommenden Jahren gründlich ummodeln. «Mit unseren teuren Innenstadtlagen können wir nicht Preisführer sein, aber wir können ein besonderes Einkaufserlebnis bieten – mit ausgewählten Produkten und hoher Aufenthaltsqualität», beschrieb Müllenbach seine Pläne. Die Warenhäuser sollen «zu Wohlfühlorten werden, an denen die Menschen gerne ihre Freizeit verbringen – einkaufen, aber auch Dienstleistungsangebote nutzen oder Gastronomie und Kultur genießen». Insgesamt 600 Millionen Euro will der Konzern für die Modernisierung ausgeben. Davon sollen 400 Millionen Euro in die Aufwertung der Warenhäuser fließen. Bis zu 60 Häuser sollen vollständig umgebaut werden, der Rest zumindest teilweise. Auch der Online-Shop, die IT und die Logistik sollen aufgerüstet werden.

Nach den schwierigen Zeiten während des Lockdowns sieht Müllenbach optimistischer in die Zukunft. «Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass die Menschen ihre Einkäufe möglichst wieder auf einen Schlag erledigen. Das gibt dem Warenhaus mit seinem alten Motto «Alles unter einem Dach» Rückenwind.» Drei Warenhäuser hat der Handelsriese bereits zu Pilotfilialen umgebaut, die ab Mittwoch einen Blick in die Zukunft erlauben.

Beispiel Frankfurt: Das Warenhaus an der Hauptwache soll zeigen, wie sich die Kette in Metropolen gegen die Konkurrenz der Onlinehändler und der Markenläden behaupten kann. Ein wichtiges Schlagwort ist hier «mehr Premium» – im Angebot, aber auch drumherum. So sollen eine Champagnerbar, ein Sushi-Angebot von TV-Koch Steffen Henssler und eine Bar auf der Dachterrasse mit Blick auf die Frankfurter Skyline für mehr Spaß beim Einkaufen sorgen.

Das Geschäft in Kassel soll dagegen als «regionaler Magnet» Modell für die Geschäfte in etwas kleineren Städten sein. Hier will der Handelsriese das Warenangebot gezielt mit Dienstleistungen anreichern, um besser gegen Amazon bestehen zu können. So gibt es im Warenhaus künftig eine Außenstelle der Stadtverwaltung, wo Personalausweise beantragt oder abgeholt werden können. An einer Paketstation soll man Pakete von DHL und anderen Lieferdiensten in Empfang nehmen können. Und im Parkhaus soll man auch sein Fahrrad reparieren lassen können.

Die Filiale in Kleve an der niederländischen Grenze soll als «lokales Forum» Modell für kleinere Galeria-Häuser in ganz Deutschland sein. Hier geht es laut Müllenbach vor allem darum, mehr auf die lokalen Bedürfnisse einzugehen.

«Die Galeria-Filialen kommen zusammen auf rund 250 Millionen Besucher im Jahr. Wir müssen es schaffen, dass diese Kunden einen größeren Teil ihrer Einkäufe als bisher bei uns erledigen. Dann werden wir auch Marktanteile zurückgewinnen», zeigt sich Müllenbach kampflustig. «Marktanalysen haben gezeigt, dass unser Sortiment dazu trendiger und hochwertiger werden muss. Das setzen wir jetzt um.»

Auch im Internet will Galeria stärker punkten. «Wir werden in diesem Jahr online über 200 Million Euro Umsatz machen und wollen das zeitnah vervierfachen», erklärte Müllenbach. Für den Warenhauskonzern ist sein Zukunftskonzept Galeria 2.0 vielleicht die letzte Chance, sich im Kampf gegen Amazon, H&M und die Markenläden der Hersteller zu behaupten.

Auch andere Handelsketten sind dabei, ihr Filialnetz an die durch den Online-Boom geänderten Einkaufsgewohnheiten anzupassen. Allerdings sind die Antworten auf die Herausforderungen unterschiedlich. Die Elektronikketten Media Markt und Saturn etwa wollen in den Innenstädten stärker auf kleinere Märkte setzten. «Lange Zeit galt das Credo: Mehr Fläche und mehr Produkte führen zu mehr Kunden und Umsatz. So einfach ist das heute nicht mehr», sagte Mediamarktsaturn-Chef Karsten Wildberger im Sommer.

Auch die Möbelkette Ikea, bisher vor allem für ihre riesigen blauen Märkte am Stadtrand bekannt, glaubt inzwischen «fest an das Potenzial von kleineren Formaten in zentralen Lagen» und experimentiert mit sogenannten Pop-up-Stores und Planungsbüros in den Innenstädten.

Die Parfümeriekette Douglas gestaltet neue Läden dagegen zurzeit gerne einmal eine Nummer größer. In Vorzeigefilialen werden neben Duftwässerchen und Cremes auch Maniküre, Pflege und andere Schönheitsbehandlungen bis hin zu «Botox to go» angeboten. Der Grund dafür dürfte der gleiche sein, der Galeria dazu veranlasst, mehr Serviceangebote und Events anzubieten. Bei solchen Angeboten kann die Online-Konkurrenz einfach nicht mithalten.

Von Erich Reimann, dpa