Die Waschmaschine geht kaputt – und der Blick in die Quittung zeigt: Gewährleistung gerade abgelaufen. Solche ärgerlichen Situationen sollen Verbraucher künftig seltener erleben. Justizministerin Christine Lambrecht setzt sich für längere Gewährleistungsfristen ein.
«Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen bei hochwertigen Produkten zu recht erwarten, dass diese langfristig nutzbar sind», sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Mit ihren Forderungen geht Lambrecht deutlich über das hinaus, was bisher in der schwarz-roten Bundesregierung vorgesehen ist.
Derzeit gilt in Deutschland eine einheitliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren – wenn das gekaufte Produkt innerhalb der ersten sechs Monate kaputt geht, geht man automatisch davon aus, dass es schon beim Kauf mangelhaft war, später muss der Käufer dies nachweisen. Das Justizministerium hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem dieser Zeitraum auf ein Jahr verlängert werden soll.
Verbraucherschützern und auch Lambrecht ist das aber nicht genug. Zwei Jahre Gewährleistung seien etwa bei Autos oder hochpreisigen Elektrogeräten nicht sachgerecht, sagte die Ministerin. Stattdessen solle sich die Frist nach der zu erwartenden Lebensdauer der Produkte richten.
Eine längere Gewährleistung könnte den Herstellern einen wirtschaftlichen Anreiz geben, besonders langlebige und gut reparierbare Produkte zu entwickeln, erwartet Lambrecht. «Damit würden wir einer Wegwerf-Mentalität entgegentreten und eine moderne, nachhaltige Kreislaufwirtschaft stärken.»
Verbraucherschützer sehen das ähnlich. «Längere Gewährleistungsfristen erhöhen natürlich den Druck auf die Wirtschaft, wirklich Qualität zu produzieren», sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der dpa.
Es gebe in der Gesellschaft den breiten Wunsch, mit dem Konsum zur Nachhaltigkeit beitragen. «Erstens, weil wir sehen, welches Müllaufkommen wir produzieren. Zweitens, weil es schlicht eine Kostenbelastung ist, wenn Dinge, die ich gekauft habe, zu schnell kaputtgehen.» Auch wer seine Elektrogeräte gebraucht kaufe, wisse dann: «Das Ding ist nicht nach anderthalb, zwei Jahren defekt». Zumindest Waschmaschinen hätten nach seinem Eindruck früher deutlich länger gehalten, sagte Müller.
Der Handelsverband HDE hält diese Erwartung für unrealistisch. Änderungen bei der Gewährleistung führten nicht zu einer längeren Lebensdauer oder besseren Reparierbarkeit, erklärte der Verband. Zugleich wäre die von Lambrecht vorgeschlagene Änderung für die ohnehin von der Coronakrise schwer getroffenen Nicht-Lebensmittelhändler «eine Zusatzbelastung in Millionenhöhe».
Einer Studie des Öko-Instituts für den vzbv zufolge könnte man 3,7 Milliarden Euro pro Jahr sparen, wenn allein Waschmaschinen, Fernseher, Notebooks und Smartphones länger genutzt würden. Hierbei wird etwa für Waschmaschinen eine Lebensdauer von 17 Jahren (statt durchschnittlich 12 Jahren) oder für Notebooks von 10 Jahren (statt von 5 Jahren) unterstellt. «Das wäre ein Wahnsinns-Konjunkturprogramm und man würde gleichzeitig vier Millionen Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase einsparen», betonte der Verbraucherschützer.
Das Gegenargument, Produkte mit längerer Gewährleistung müssten teurer verkauft werden, lässt Müller nicht gelten. Ein Gutachten zeige, dass Elektrogeräte in EU-Ländern mit längeren Gewährleistungsfristen nicht teurer seien als in Deutschland. Zu einer längeren Gewährleistungsfrist gehöre auch das auf EU-Ebene bereits beschlossene Recht auf Reparatur.
Lambrecht plant zudem eine Update-Pflicht für Verkäufer digitaler Produkte. Smartphones oder Tablets müssten auch lange nach dem Kauf noch problemlos und sicher nutzbar sein. Gesetzlich geregelte Zeitspannen sieht sie zunächst aber nicht vor. Müller schlug vor, auch die Updatepflicht an der Lebensdauer der Produkte zu orientieren.