Greenpeace hat den VW-Konzern wegen des Festhaltens am Verbrennungsmotor verklagt. Wie bereits angedroht, wandte sich die Umweltschutzorganisation nun an das Landgericht Braunschweig.
Dort reichten die beiden Deutschland-Geschäftsführer gemeinsam mit einer Aktivistin eine Klage wegen mangelnden Klimaschutzes ein. Der VW AG in Wolfsburg lag der Schriftsatz nach Angaben eines Sprechers vom Dienstagmorgen noch nicht vor – das Unternehmen wies die Vorwürfe allerdings schon grundsätzlich zurück.
Nach Ansicht der Kläger tragen die beträchtlichen CO2-Emissionen der Fahrzeuge und Produktionsstätten des größten europäischen Autoherstellers erheblich zur Klimakrise bei. Das Geschäftsmodell von Volkswagen sei nicht mit dem Ziel zu vereinbaren, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, hieß es.
In den vergangenen Monaten hatte es mehrfach Protestaktionen von Greenpeace gegen VW gegeben. Bei der Automesse IAA konfrontierte die Organisation im September Konzernchef Herbert Diess mit ihrer Kritik, der daraufhin sagte, man wolle im Gespräch bleiben. Früheren Angaben zufolge waren Autos aus der VW-Gruppe zuletzt für mindestens rund ein Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich.
Die juristische Argumentation der Kläger: Die absehbaren Schäden durch die zusätzliche Erderwärmung griffen unzulässig in Freiheits- und Eigentumsrechte ein. Daher fordern sie VW auf, den Verkauf klimaschädlicher Benzin- und Dieselwagen spätestens 2030 zu beenden. Hätte die Klage Erfolg, würden gut zwei Milliarden Tonnen weniger CO2 bis 2040 ausgestoßen, schätzen sie. Die Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser und Roland Hipp, die Fridays-for-Future-Aktivistin Clara Mayer sowie ein mitklagender Landwirt stützen sich dabei auch auf das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts.
Aus VW-Sicht sind Auseinandersetzungen vor Zivilgerichten gegen einzelne Unternehmen nicht der richtige Weg. Man habe sich klar zum Pariser Klimaabkommen bekannt, betonten die Wolfsburger. Spätestens 2050 will der Konzern bilanziell CO2-neutral sein. Es sei zudem primär die Aufgabe des Gesetzgebers, den Klimaschutz zu gestalten.
Greenpeace will das nicht gelten lassen. Die Ausstiegsziele von VW seien überdies zu unverbindlich und zu spät angesetzt. Anfang September hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Greenpeace schon juristische Schritte gegen vier deutsche Konzerne eingeleitet: BMW, Mercedes-Benz und VW sowie dem Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea wurden Unterlassungsschreiben zugeleitet. VW lehnte Ende Oktober die Aufforderung ab, seine Emissionen schneller zu reduzieren. Die übrigen drei Unternehmen sahen sich ebenfalls zu Unrecht angegriffen.
VW investiert in den kommenden Jahren eine hohe zweistellige Milliardensumme in Elektro- und Hybridmodelle. Ein festes Datum für einen endgültigen Abschied vom Verbrenner scheut der Konzern jedoch mit Verweis auf die international unterschiedlichen Markt- und Nachfragebedingungen. Die Tochter Audi hatte im Sommer erklärt, die Produktion von Benzin- und Dieselautos – außer in China – spätestens 2033 zu beenden. Ihre Entwicklung soll bei den Ingolstädtern schon deutlich früher auslaufen, ab 2026 sollen neue Modelle nur noch als vollelektrische Batterieautos auf den Weltmarkt kommen. Etliche andere Autokonzerne und auch ganze Länder habe feste Ausstiegsdaten für den Verbrennungsmotor angekündigt.
«Ein riesiger CO2-Emittent wie Volkswagen muss sich internationalen Klimazielen und dem Richterspruch aus Karlsruhe beugen», sagte Greenpeace-Geschäftsführer Kaiser am Rande der Weltklimakonferenz in Glasgow. «Nur mit einem schnellen Abschied vom Verbrenner kann VW seinen Beitrag zur Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad leisten.»
Die Wolfsburger hielten dagegen: «Volkswagen steht für Klimaschutz und schnelle Dekarbonisierung des Verkehrssektors, kann diese Herausforderung aber nicht allein bewältigen.» Man werde die Klage von Greenpeace nach der Zustellung prüfen. «Unabhängig davon werden wir unsere Transformation mit voller Kraft vorantreiben.»
Eine ähnliche Klage hatte jüngst Erfolg: Ein niederländisches Gericht stellte im Mai fest, dass nicht nur Staaten, sondern auch Konzerne ihre Emissionen verringern müssen. Es verurteilte Shell zu mehr Klimaschutz.