Wissenschaftler, Notenbank-Chef, Banker – Axel Weber hat sich in unterschiedlichen Rollen einen Namen gemacht. Er hatte sogar gute Chancen, Europas oberster Währungshüter zu werden.
Doch verbiegen ließ sich der Pfälzer nie. Seit 2012 formt der Volkswirt die UBS. Kurz nach seinem 65. Geburtstag an diesem Dienstag (8.3.) ist für Weber aufgrund einer Begrenzung der Amtszeit auf zehn Jahre Schluss bei der größten Schweizer Bank: Am 6. April sollen die Aktionären bei der UBS-Generalversammlung den Iren Colm Kelleher zum neuen Verwaltungsratspräsidenten wählen.
«Wenn ich von Inhalten nicht überzeugt bin, dann sage ich das auch» – Weber galt schon während seiner Zeit als Wissenschaftler als bisweilen ungemütlicher Kritiker. «Weber ist nicht der größte Diplomat, sondern geht den Dingen immer auf den Grund, was natürlich nicht immer angenehm für seine Gesprächspartner ist», beschrieb ihn der inzwischen verstorbene Bonner Ökonom Manfred J. M. Neumann.
Der «Polterbanker»
Als die Europäische Zentralbank (EZB) in der Euro-Schuldenkrise im Mai 2010 beschloss, Griechenland mit Anleihenkäufen unter die Arme zu greifen, stellte sich Weber – seit April 2004 Präsident der Deutschen Bundesbank – öffentlich dagegen. Dass «Polterbanker» («FAZ») Weber seinen Kollegen im EZB-Rat in der «Börsen-Zeitung» am Tag nach der umstrittenen Entscheidung vorwarf, die Unabhängigkeit der Notenbank zu opfern, läutete Webers Abtritt von der Bundesbank-Spitze ein. Anfang 2011 schmiss der geldpolitische Hardliner hin und brachte sich so um die Chance, selbst EZB-Präsident zu werden. Zum 1. Mai 2011 übernahm Webers ehemaliger Student Jens Weidmann den Chefposten bei der Bundesbank. Weidmann arbeitete sich in den Jahren danach am ultralockeren EZB-Kurs ab und gab sein Amt Ende 2021 vorzeitig auf.
Webers Weg begann in der Provinz. Glan-Münchweiler heißt das Dorf in einer pfälzischen Hügellandschaft, in dem Weber mit zwei jüngeren Geschwistern aufwuchs, als Sohn eines sozialdemokratischen Bürgermeisters. Was ist das Erfolgsrezept des einst langhaarigen Abiturienten? Aus dem Erinnerungsschatz von Webers Doktorvater Hans-Edi Loef ist folgende Anekdote überliefert: Weber, gerade dabei, habilitiert zu werden, hatte eine Professur in Bonn bekommen. Mensch, sagte Loefs Frau bei einer Party, wie schön, dass Sie so ein Glück gehabt haben. «Nicht Glück», habe Weber geantwortet. «Können.»
Als Quereinsteiger in der Welt der Notenbank
Weber promovierte und habilitierte am Lehrstuhl «Geld und Währung» der Universität Siegen. Anschließend hatte er Lehrstühle an den Universitäten Bonn (1994-1998), Frankfurt/Main (1998-2001) und Köln (2001-2004) inne. Sein Netz in die Politik konnte Weber schon als Wirtschaftsprofessor spinnen: In den Jahren 2002 bis 2004 war der Volkswirt einer der «Fünf Weisen», die für die Bundesregierung als Sachverständige die gesamtwirtschaftliche Entwicklung begutachten.
Nach dem abrupten Ende seiner Zeit als Quereinsteiger in der Welt der Notenbank wurde Weber als möglicher Nachfolger für Josef Ackermann an der Spitze der Deutschen Bank gehandelt. Doch stattdessen wurde der mit einer Engländerin verheiratete zweifache Vater im Mai 2012 zum Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums der Konkurrentin UBS gewählt.
«Die UBS war eine Ikone der Schweizer Wirtschaft, bis sie in der Finanzkrise hart getroffen wurde und vom Staat unterstützt werden musste. Diese Ikone wollen wir wieder errichten», schilderte Weber im Dezember 2020 im «Manager Magazin»-Interview seine Motivation.
Will sich noch nicht komplett zur Ruhe setzen
Der bekennende Fußball-Fan (1. FC Kaiserslautern) trieb den Umbau der UBS voran: Das aufgeblähte Investmentbanking wurde geschrumpft, die Vermögensverwaltung ausgebaut. Der jüngste Jahresabschluss fiel noch besser aus als von Analysten erwartet: Unter dem Strich standen im Gesamtjahr 2021 knapp 7,5 Milliarden Dollar (rund 6,8 Mrd Euro) Gewinn und damit 14 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
«Weber setzte von Beginn weg das Ziel, die dornenvollen regulatorischen Altlasten aufzudecken und Schritt für Schritt, teilweise über Vergleiche, zu lösen», resümierte die «Neue Zürcher Zeitung» im November 2021. Das gelang mit Erfolg – zumeist: Der Kassationsgerichtshof in Paris wollte den Finanzriesen auch in zweiter Instanz nicht von Vorwürfen des Steuerbetrugs und der Geldwäsche freisprechen, sondern verhängte einen Milliardenbuße. Die UBS hat Berufung eingelegt. Es geht auch um Webers Vermächtnis.
Auf die Frage, was für ihn nach der UBS komme, antwortete Weber im Dezember 2020 im Interview des «Manager Magazins»: «Ich war im akademischen Bereich, in einer Zentralbank, jetzt im Privatsektor. Ich werde sicherlich neben mehr Freizeit auch noch was Neues beginnen, was spannend ist, was mich motiviert. Klar ist aber auch: Ich bin niemand, der sich jetzt schon komplett zur Ruhe setzt.» Zu seinem 65. Geburtstag erfuhr die Deutsche Presse-Agentur Folgendes aus seinem Umfeld: «Zunächst einmal freut sich Axel Weber auf das, was in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen ist: Insbesondere darauf, mehr Zeit für seine Familie zu haben.»