Der drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück blickt nach den üppigen Gewinnen des vergangenen Jahres mit Sorge auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine.
«Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir dies noch nicht belastbar abschätzen», sagte Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz am Donnerstag zu möglichen größeren Auswirkungen des Konflikts auf das Geschäft. Er betonte aber: «Auch wenn unsere Exponierung beispielsweise durch Kapitalanlagen in der betroffenen Region gering ist, gibt es eine Reihe von Unsicherheiten.»
Unabhängig davon sollen die Aktionäre für 2021 zunächst eine Rekorddividende erhalten. Für dieses Jahr peilt der Vorstand außerdem einen Rekordgewinn von 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro an.
Henchoz sagte, aus derzeitiger Sicht müsse man vor allem mit indirekten Folgen rechnen. Diese könnten sich etwa aus weiteren Beschränkungen des internationalen Zahlungsverkehrs durch den Swift-Ausschluss russischer Banken oder die Kriegssituation selbst ergeben. «All dies kann sich auf die eine oder andere Weise auf Versicherungsdeckungen auswirken.» Viele Geschäftsbeziehungen mit Kunden in Russland und Belarus seien «auf Hold gestellt».
Wie sehr Zerstörungen von Infrastruktur oder Industrieanlagen den Konzern aus Hannover konkret belasten könnten, blieb vorerst unklar. Allgemein sagte Henchoz: «Wir blicken erschüttert und mit großer Sorge auf die Lage. Als Rückversicherer arbeiten wir für den Schutz von Leben und Eigentum. Daher möchte ich unserer Hoffnung Ausdruck verleihen, dass der Krieg in der Ukraine schnell endet.» Übliche Policen decken Schäden durch zwischenstaatliche Kriege oft nicht ab.
Laut Finanzvorstand Clemens Jungsthöfel ist das Anlagekapital der Hannover Rück in Russland vor allem in Staatsanleihen gebunden. Der Betrag liege «im zweistelligen Millionenbereich» – im Verhältnis zur Gesamtsumme an Kapitalanlagen des Konzerns «völlig unwesentlich».
Risiken ergeben sich auch aus möglichen Hackerangriffen
Risiken ergeben sich nach Einschätzung von Spezialversicherern auch aus möglichen Hackerangriffen. Ob solche Schäden im Kriegsfall durch Cyberpolicen gedeckt sind, müsse man stets individuell entscheiden, hieß es in Hannover: «Das ist immer eine Frage des Einzelfalls, ob das auf den Krieg zurückzuführen ist oder auf eine dritte Partei.»
Nach einem Gewinnsprung im zweiten Corona-Jahr will die Hannover Rück deutlich mehr Geld an ihre Anteilseigner ausschütten. Die Dividende soll von 4,50 Euro auf den Rekordwert von 5,75 Euro je Aktie steigen. Dies umfasst eine unveränderte Basisdividende von 4,50 Euro und eine Sonderdividende von 1,25 Euro. Größter Nutznießer ist der Talanx-Konzern (HDI), dem gut die Hälfte der Aktien gehören.
2021 steigerte die Hannover Rück den Überschuss um 39 Prozent auf 1,23 Milliarden Euro. Am 21. März steigt der Versicherer vom MDax in den deutschen Leitindex Dax auf. «Das ist für uns Auszeichnung und Ansporn zugleich», meinte Henchoz. «Entscheidend ist, dass wir weiter überdurchschnittlich profitabel wachsen, die Hannover Rück weiterentwickeln und so unseren Börsenwert stetig steigern.»