• So. Nov 24th, 2024

Deutscher Arbeitsmarkt noch immer robust

Erstmals sind in einer Arbeitsmarktstatistik die Auswirkungen des aktuellen coronabedingten Lockdowns berücksichtigt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa)

Der deutsche Arbeitsmarkt trotzt dank der großen Zahl an Kurzarbeitern weiter der Corona-Krise – zumindest auf den ersten Blick.

Langsam aber sicher werden in den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit aber auch Effekte sichtbar, die sich zu schwer reparierbaren Langzeitschäden auswachsen können. Der deutliche Anstieg bei der Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Beispiel dafür.

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Januar saisonüblich um 193.000 auf 2,901 Millionen gestiegen. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich damit im Januar um 0,4 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent, wie die Bundesagentur für Arbeit am Freitag in Nürnberg mitteilte. Der Januar-Anstieg fiel damit in diesem Jahr sogar noch etwas geringer aus als im Vorjahr. Von Dezember 2019 auf Januar 2020 war die Zahl der Arbeitslosen um 198 000 gestiegen.

Allerdings: Von den 193.000 neuen Arbeitslosen fallen 60.000 in die Kategorie Langzeitarbeitslose. Im Februar wird nach Einschätzung des Vorstandschefs der Bundesagentur, Detlef Scheele, erstmals seit fünf Jahren wieder die Grenze von einer Million Langzeitarbeitslosen übersprungen.

Die Entwicklung schmerzt: Dank einer guten Konjunktur und gezielter arbeitsmarktpolitischer Eingriffe war es gelungen, die Zahl der Langzeitarbeitslosen, also derjenigen, die mehr als ein Jahr auf Jobsuche sind, auf unter 700.000 zu drücken. «Dass das, was wir erreicht haben, wie Schnee in der Sonne wegschmilzt, das ist schon bitter, das muss man eindeutig sagen», sagte Scheele.

In der Januar-Statistik sind erstmals die Auswirkungen des im Dezember verhängten, coronabedingten Lockdowns berücksichtigt. Für ihre Statistik hat die Arbeitsagentur Datenmaterial bis zum 13. Januar erfasst.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Arbeitslosigkeit deutlich. Im Januar 2021 waren 475.000 Menschen mehr arbeitslos als noch im Januar 2020, wie die Bundesagentur weiter mitteilte. Diese Zahl sei komplett auf die Corona-Krise zurückzuführen. Im vergangenen Frühjahr hatte diese Zahl bei rund 600.000 gelegen.

Besonders kritisch sei die Situation bei den Minijobs, die nicht sozialversicherungspflichtig sind und somit auch nicht durch Kurzarbeit abgefedert werden können. Allein im November seien 100 000 Minijobs im Gastgewerbe verloren gegangen. «Insgesamt haben wir eine halbe Million weniger Minijobs als vor einem Jahr», sagte Scheele.

In der Zeit vom 1. bis zum 25. Januar haben den Angaben zufolge 78 000 Betriebe für 745.000 Personen Kurzarbeit angemeldet. In den Monaten November, Dezember und Januar hätten mit 170 000 Betrieben mehr Unternehmen Kurzarbeit angemeldet als in der gesamten Finanzmarktkrise zusammen.

Diese Zahlen entsprechen aber nicht der tatsächlichen Zahl der Kurzarbeiter, diese kann erst nach entsprechender Abrechnung mit mehrwöchiger Verzögerung akkurat angegeben werden. Die jüngsten validen Zahlen zur tatsächlich realisierten Kurzarbeit stammen aus dem November.

In diesem Monat hat die Bundesagentur für 2,26 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld bezahlt, 200.000 mehr als im Oktober. «Man kann vermuten, dass im November Hotels und Gaststätten und Sporteinrichtungen den Schwerpunkt ausgemacht haben», sagte Scheele. «Im Dezember haben wahrscheinliche Einzelhandel und die Dienstleistungsbranche und die Friseure an Bedeutung gewonnen.» Der Höhepunkt der Kurzarbeiterwelle war im April 2020, als knapp sechs Millionen Menschen in Kurzarbeit waren.

Die Kurzarbeit wirke als Brücke, habe aber auch Nachteile, sagte Scheele. «Wir haben nichts von Massenentlassungen gelesen», sagte Scheele. Es werde aber auch schwerer für Betriebe, neue Beschäftigte einzustellen, weil zunächst die Kurzarbeit abgebaut werden müsse. «Es gibt schon Verwerfungen», sagte Scheele. Wichtig sei es jetzt, dass die Unternehmen eine Perspektive haben, die es auf absehbare lohnenswert erscheinen lässt, ihr Personal zu halten.

Von Michael Donhauser, dpa