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Energieintensiv, zu teuer? Der lange Weg zum Wasserstoffauto

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Aug 31, 2022 ,
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne, r) und sein bayerischer Amtskollege Markus Söder (CSU, M) lassen sich im Ulmer Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung von Vorstandsmitglied Markus Hölzle eine Brennstoffzelle zeigen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Stefan Puchner/dpa)

Mercedes-Benz und Audi setzen für die Zukunft ganz auf das Batterieauto – andere Hersteller investieren daneben auch in das Wasserstoffauto. Toyota und Hyundai etwa sind dabei schon weit, nun bringt BMW mit dem iX5 Hydrogen eine Kleinserie auf die Straße. Experten sehen die Technologie jedoch skeptisch – zu energieintensiv sei sie, zu teuer, zudem fehle die passende Infrastruktur. Doch die Brennstoffzelle hat auch ihre Vorteile im Vergleich zur Batterie.

Der Startschuss für die Wasserstoff-Produktion bei BMW fällt am Mittwoch in Garching: Vorstandschef Oliver Zipse will hier zusammen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder die Produktion des Brennstoffzellen-Systems für das neue Fahrzeug starten.

Blick nach Asien

Mit der Kleinserie will der Autobauer Erfahrung sammeln und sich die Möglichkeit offenhalten, solche Autos bald auch in hohen Stückzahlen zu verkaufen. China will im Jahr 2030 eine Million Wasserstoffautos auf der Straße haben, Japan und Korea sehen ebenfalls Potenzial. «Wir denken bereits über eine mögliche nächste Generation nach», hatte Zipse bei Vorlage der Halbjahresbilanz Anfang August gesagt.

BMW will zwar 2030 die Hälfte seiner Autos mit Batterieantrieb verkaufen, aber angesichts knapper Rohstoffe und unzureichender Ladenetze nicht alles auf eine Karte setzen. Wasserstoff sei «das fehlende Puzzle-Teil, das E-Mobilität dort vervollständigen kann, wo sich batterie-elektrische Antriebe nicht durchsetzen werden», sagte Zipse.

Von Toyota lässt sich BMW die Brennstoffzellen für seinen iX5-Hydrogen liefern. Diese werden in Garching zusammengebaut und ab Ende des Jahres in München mit den Wasserstofftanks und den hauseigenen E-Motoren in die Karosserien montiert, die aus dem SUV-Werk Spartanburg in den USA geliefert werden. Die aus weniger als 100 Fahrzeugen bestehende Kleinserie soll nicht verkauft oder verleast werden, sondern in Europa, den USA, Japan, Korea und China von Autofahrern im Alltag erprobt werden.

Branchenexperte Stefan Bratzel sieht Wasserstoffautos skeptisch. Ein schneller Hochlauf sei nicht machbar, «wir reden da über lange Zeiträume. Das hilft uns nicht über die Klippen der nächsten Jahre», sagte der Leiter des CAM-Autoinstituts in Bergisch Gladbach. Und «es ist schon eine kostspielige Angelegenheit».

Mit Wind- und Sonnenstrom erzeugter Wasserstoff kann direkt in einem Benzinmotor verbrannt werden – Porsche, Toyota, Mazda, Subaru, Kawasaki und Yamaha arbeiten daran. Oder eine Brennstoffzelle im Auto gewinnt aus dem Wasserstoff Strom für für einen E-Motor. Toyota und der koreanische Autobauer Hyundai verkaufen solche Fahrzeuge, der chinesischer Autoersteller Changan hat gerade mit einer Serienproduktion begonnen.

Wasserstoff braucht Energie

Für Bratzel das gewichtigste Argument gegen Wasserstoffautos ist «der hohe Energieeinsatz für Herstellung von Wasserstoff». Auf dem Weg vom Strom zum Wasserstoff und zurück zum Strom bleibt ein Großteil der Energie auf der Strecke. Zwar eignet sich Wasserstoff gut als Speicher für überschüssigen Strom und kann auch über weite Strecken transportiert werden, «das ist natürlich ein Vorteil». Aber dabei «muss man auch die Kosten im Blick haben», sagte Bratzel.

Ein Contra-Argument sei auch die Infrastruktur. In Deutschland etwa gibt es derzeit erst rund 100 Wasserstofftankstellen. Für Lastwagen muss zwar ohnehin ein Netz aufgebaut werden – Daimler entwickelt mit Volvo Brennstoffzellen und will die Lkws 2025 auf den Markt bringen, Opel hat einen Brennstoffzellen-Transport im Angebot. Aber wenn auch Autos Wasserstoff tanken sollen, müsste das Netz viel dichter werden, «das ist schon sehr teuer», sagte Bratzel.

Auch für die Unternehmensberatung McKinsey und den Wasserstoff-Verband Hydrogen Council ist das Batterieauto das Maß der Dinge, «entscheidend für die Dekarbonisierung und eine Mainstream-Lösung». Aber wenn 10 Prozent der Autoflotte mit Wasserstoff fahren würden, könnte das hohe Investitionen für die Spitzen im Strom und Ladenetz sparen und die Kosten für Wasserstoff-Tankstellen «mehr als ausgleichen».

Für den Autofahrer biete das Wasserstoffauto im Alltag Vorteile, wie er sie vom Benziner oder Diesel kenne, so Zipse: schnelles Tanken und große Reichweiten, sogar bei Kälte. Als Konzernchef fragte Zipse aber auch, «wie Europa den strategischen Zugang zu den entscheidenden Rohstoffen für die E-Mobilität sicherstellen will». Neue Abhängigkeiten drohten. Bratzel sagte: «Wir stoßen bei den Batterien in Knappheiten in den nächsten Jahren.» Mit der Brennstoffzelle sei BMW da «ein bisschen breiter aufgestellt».

E-Autos mit Batterie dürften bei Kleinwagen und in der Mittelklasse aber günstiger bleiben als mit Brennstoffzelle, sagte Bratzel. Der vormalige VW-Chef Herbert Diess hatte Wasserstoff einmal als den Champagner der Energiewende bezeichnet. Aber auch für Champagner gibt es einen Markt. Zipse ist «überzeugt, dass es auch in Europa im Premiumsegment einen Markt für Brennstoffzellenautos gibt».

Von Roland Losch, dpa