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Paketdienstleister profitieren vom Homeoffice der Empfänger

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Dez 10, 2020
Ein DHL-Paketzusteller geht mit einer Sackkarre voller Pakete zu einem Haus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/zb/dpa)
Adressaten sind zu Hause:

Homeoffice in Corona-Zeiten hat Deutschlands Paketzustellern das Geschäft wesentlich erleichtert.

Denn die Paketboten trafen häufiger die Adressaten in ihren Wohnungen an und mussten dadurch nicht zeitraubend beim Nachbarn klingeln oder die Pakete wieder mitnehmen, wie die deutschen Paketdienstleister auf Anfrage mitteilten.

Ein Grund für schnellere Zustell-Abläufe ist auch die sogenannte kontaktlose Zustellung: Empfänger müssen den Erhalt des Pakets nicht mehr mit Unterschrift quittieren, zudem willigen sie deutlich häufiger als früher in die Ablage vor der Tür oder anderswo auf ihrem Grundstück ein.

Marktführer bei Paketen ist die Deutsche Post DHL, zu den Konkurrenten gehören Hermes, DPD und GLS. Von GLS hieß es, durch Homeoffice sei die Wahrscheinlichkeit «wesentlich höher», die Adressaten anzutreffen.

Ein DPD-Sprecher verwies auf positive Effekte durch das «Abstell-OK», das Kunden vor der Paketzustellung im Internet geben. «Viel mehr Menschen als früher nutzen das, auch um den direkten Kontakt mit dem Paketboten zu vermeiden – die Anzahl der Abstell-Einwilligungen hat sich seit Beginn der Pandemie bei uns vervielfacht.» Beim Abstell-OK kann man vorab im Internet mitteilen, dass das Paket vor der Haustür, auf der Terrasse oder andernorts deponiert werden möge. Der Bote klingelt zwar, stellt es dann aber dort ab und entfernt sich recht schnell wieder. «Das Abstell-OK hat die Zustellquote im ersten Versuch spürbar nach oben getrieben», so der DPD-Sprecher. Eine Zahl für die Quote nannte er nicht.

Bei Hermes liegt sie bei 90 Prozent und damit etwa so hoch wie 2019. Da die Zahl der Pakete aber nach oben geschnellt ist, stieg auch die Zahl der erfolgreichen Erstzustellungen des Hamburger Logistikers an.

In der Corona-Pandemie boomt der Paketversand: Viel mehr Menschen als früher bestellen Waren im Internet, anstatt in Geschäfte zu gehen. Nach Angaben des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik kletterte das Paketvolumen im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 8,9 Prozent in die Höhe. Im Weihnachtsgeschäft – also im November und Dezember – rechnet der Verband sogar mit einem Plus von 20 Prozent. Marktführer DHL beförderte unlängst in einer Woche 56 Millionen Paketsendungen und damit so viele wie noch nie. Der bisherige Wochen-Höchstwert aus der Weihnachtszeit 2019 lag nur bei 47 Millionen Paketen.

Die Sendungsmassen bringen Probleme mit sich. Laut einem Bericht von «Business Insider» konnte die Deutsche Post DHL Pakete dieses Jahr nicht so rechtzeitig zustellen wie geplant, die Firma liege zehn Prozent unter ihrem Zielwert. Dabei beruft sich das Wirtschaftsmagazin auf eine interne Post-Analyse. DHL teilt hierzu mit, es sei in der Hochsaison nicht ungewöhnlich, dass es tageweise an einzelnen Standorten Rückstände geben könne: «Daher haben wir unsere Geschäfts- wie auch unsere Privatkunden rechtzeitig darauf hingewiesen, dass es in dieser besonderen Situation vor Weihnachten zu Verzögerungen kommen kann.» Ein frühzeitiger Versand sei ratsam.

Für die Paketdienstleister nimmt es etwas Druck aus dem Kessel, dass die Menschen mehr daheim sind als früher. «Dies hilft, um die Mehrmengen bewältigen zu können», sagte ein Hermes-Sprecher. Seit Jahren boomt der Paketmarkt, dieses Jahr geht die Kurve nun aber besonders steil nach oben. Die Firmen bemühen sich seit langem darum, die «Erstzustellquote» an der Haustür zu verbessern – davon hängt die durchschnittliche Zustellzeit ab, und Zeit ist in der ständig nach neuen Arbeitskräften suchenden Branche ein teures Gut.

Unklar ist allerdings, wie stark es den Firmen wirtschaftlich hilft, dass die Empfänger häufiger die Tür aufmachen oder vorab einer Ablage zugestimmt haben. Denn die Unternehmen wollen eigentlich weg von der Haustürzustellung und den Kunden stattdessen dazu bringen, sich die Sendungen in Paketstationen oder Paketshops abzuholen – dort können die Dienstleister ihre Pakete gebündelt abladen und müssen nicht jede Sendung einzeln übergeben.

Eine GLS-Sprecherin weist darauf hin, dass sich die Sendungsstruktur für die Paketboten bei der Auslieferung merklich verändert habe: «Sie haben mehr Stopps pro Tour und die Pakete sind größer geworden, weil vermehrt Waren wie Gartenmöbel und Gartenzubehör, Sportgeräte oder Ähnliches bestellt wurden.» Das heißt: Der eigentliche positive Trend hin zu einer schnelleren Paketabgabe an der Haustür hat für die Firmen auch Schattenseiten.

Aus Sicht des Logistikexperten Kai-Oliver Schocke ist die Entwicklung für die Dienstleister dennoch sehr vorteilhaft – dank einer wegen Homeoffice höheren Erstzustellquote sei es den Firmen möglich, die Pakete schneller als früher auszuliefern. «Der erfolgreiche Erstzustellversuch erhöht die Produktivität in der Branche deutlich.»

Dass Kunden sich nun wieder an die Haustürzustellung gewöhnten und auch langfristig keine Lust mehr hätten, Sendungen aus Paketshops oder Packstationen zu holen, hält er nicht für wahrscheinlich. Sobald die Pandemie vorbei sei, werde die Anwesenheit der Paketempfänger daheim nachlassen, sagt der Professor von der Frankfurt University of Applied Sciences – der Anteil der Sendungen nach Hause werde sinken und die Nachfrage nach sicheren Abholorten werde deutlich steigen. Das wäre eine überaus positive Nachricht für die Branche – allerdings erst nach der Pandemie.

Copyright 2020, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten, Von Wolf von Dewitz, dpa