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Flexible Tarife könnten Stromkosten senken

Nachts wird es günstiger: Flexible Tarife könnten Stromkosten senken. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Julian Stratenschulte/dpa)

Die Zahl der neuen Elektroautos in Deutschland ist in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Allein im Januar und Februar wurden fast 35.000 reine batterieelektrische Fahrzeuge neu angemeldet – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.

Bis Ende 2021 könnten eine Million Stromer auf den Straßen rollen, wie Henning Kagermann, der Chef der «Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität» (NPM) kürzlich dem «Handelsblatt» gesagt hat. In dieser Zahl sind allerdings die von Klimaschützern als Mogelpackung kritisierten Plug-in-Hybride mitgerechnet.

Und weil die Autos meist zu Hause geladen werden, schaffen sich viele ihrer Besitzerinnen und Besitzer eine Ladestation für die eigene Garage an – wie beim Kauf des E-Autos mit kräftiger finanzieller Hilfe des Staates. Der Bund hat seine Förderung erst kürzlich um 100 Millionen auf 400 Millionen Euro aufgestockt. Rund 300.000 Anträge auf einen Zuschuss sind Angaben des Bundesverkehrsministeriums bislang eingegangen.

Doch mit einer solchen Wallbox zum Laden allein ist es nicht getan. Auch ein günstiger Strompreis ist für den weiteren Ausbau der Elektromobilität wichtig. Dafür sollen auch dynamische Tarife sorgen, die dem Auf-und-Ab an der Strombörse folgen und die nachts meist niedrigeren Preise an die Verbraucher weiterreichen. Durch solche Tarife könne es «günstiger sein, das Elektroauto nachts zu laden statt kurz nach Feierabend», hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit Blick auf den Entwurf für das neue Energiewirtschaftsrecht gesagt.

Mit dem Gesetz sollen die Versorger verpflichtet werden, solche flexiblen Strompreise anzubieten, mit dem auch bei Wärmepumpen fürs Heizen Geld gespart werden könnte. Doch noch sind solche Angebote kaum zu finden. Denn um seinen Stromverbrauch flexibel in Zeiten mit niedrigen Börsenpreisen verlegen zu können, braucht man einen als Smart Meter bezeichneten Stromzähler, der mit dem Internet verbunden werden kann. Und diese intelligenten Messsysteme sind in Deutschland noch immer kaum verbreitet.

Das Vergleichsportal Verivox hat die Angebote der Grundversorger in den 50 größten Städten in Deutschland untersucht und nur bei 8 von ihnen zeitvariable Stromtarife für intelligente Messsysteme gefunden. Bei den meisten Angeboten handele es sich um einen Tarif, wie er auch für Nachtspeicherheizungen üblich sei. Tagsüber werde ein höherer Strompreis fällig, in der Nacht und am Wochenende sei er niedriger. «Diese Angebote sind nicht sehr innovativ», bemängelt Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. Und auch vom Preis her seien sie «noch nicht besonders attraktiv».

Laut Stadtwerkeverband VKU sind die Smart Meter das Nadelöhr für flexible Stromtarife, vor allem wegen fehlender technischer Zulassungen. «Ausgerechnet die Technik im Bereich der intelligenten Stromzählung, die für Anwendungen flexibler Strompreise in der Praxis – also das Steuern und Schalten von Wärmepumpen, Batteriespeichern oder Elektromobilen – notwendig ist, wurde bislang noch nicht vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert.»

Der Wunsch nach flexiblen Stromtarifen ruft neue Anbieter auf den Markt. Etwa das Start-up Tibber, das Strom aus erneuerbaren Quellen zum Einkaufspreis verspricht. «Wir nehmen keine Marge auf den Kilowattstunden-Preis», sagt der Tibber-Deutschland-Chefin Marion Nöldgen. Statt wie die meisten Stromlieferanten einen festen Betrag auf jede Kilowattstunde draufzuschlagen, berechnet Tibber eine Nutzungsgebühr von 3,99 Euro im Monat, unabhängig von der verbrauchten Strommenge. «Kunden ohne Smart Meter zahlen den durchschnittlichen monatlichen Preis, den wir an der Strombörse bezahlt haben. Für Kunden mit Smart Meter rechnen wir den Strompreis auf stündlicher Basis ab.»

Verbraucherschützer sehen die Politik am Zug. Sie müsse «einen klaren verbraucherfreundlichen Rahmen schaffen und Vorgaben für die Transparenz von Autostrom- und Wärmepumpentarifen machen», fordert Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW. «Von dem derzeitigen Wirrwarr profitieren vor allem Anbieter mit buntem Marketing, aber keinesfalls die besten Tarife.»

Für Verbraucherinnen und Verbraucher ohne Elektroauto oder Wärmepumpen sind die Einsparmöglichkeiten durch flexible Strompreise nur sehr gering. Der VKU beziffert das Einsparpotenzial für einen Standardhaushalt auf etwa 20 Euro im Jahr. Beim Vergleichsportal Verivox sieht man das auch so. «Selbst wenn Haushalte wollten, ein großer Teil des Stromverbrauchs kann gar nicht in die Nachtstunden verlagert werden», sagt Energieexperte Storck. Das gelte gerade für Stromfresser wie den Kühlschrank oder die elektrische Warmwasserbereitung.

Von Claus Haffert, dpa