Mehr Lohntransparenz und eine generell bessere Bezahlung für Jobs, in denen vor allem Frauen arbeiten, sind gefragt. Parteien und Gewerkschaften haben Politik und Wirtschaft aufgefordert, mehr für den Kampf gegen die bestehende Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern zu tun.
Diese Lücke stehe für die «Ungerechtigkeit, die sich generell in Sachen Geschlechtergerechtigkeit in unserem Land zeigt», sagte Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), am Mittwoch in Berlin.
Durch die Corona-Krise werde diese Ungerechtigkeit noch verstärkt, so Hoffmann weiter: «Zu Beginn der Pandemie wurde noch geklatscht für die vielen Frauen in den systemrelevanten Berufen, im Einzelhandel, in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen. Doch den warmen Worten müssen endlich Taten folgen.» Er forderte deshalb, Tätigkeiten in frauendominierten Berufen dauerhaft besser zu bezahlen – zum Beispiel durch mehr Tarifverträge.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt will bei dem Thema einen «politischen Neustart»: «Die bisherigen Regeln in Deutschland haben kaum etwas gebracht, weil Lohntransparenz mühsam individuell erkämpft werden muss», sagte sie dem Nachrichtenportal «t-online». Auch Unternehmen seien jetzt gefragt – nicht nur die Großkonzerne, sondern auch kleine und mittlere Betriebe.
Geschlechtergerechte Bezahlung müsse für Unternehmen zum Aushängeschild werden. «Dass der mit Abstand größte Arbeitsmarkt im noch dazu wirtschaftsstärksten Land Europas beim Gender Pay Gap auf dem drittletzten Platz liegt, ist nicht nur peinlich, sondern schlichtweg inakzeptabel», sagte Göring-Eckardt. Das schade auch den Unternehmen.
Der Verband für Fach- und Führungskräfte (DFK) fordert ein Umdenken in Politik und Wirtschaft – auch bei der Gesetzgebung für mehr Frauen in Führungspositionen: «Um den Gender Pay Gap zu schließen, braucht es mehr Frauen in Führung.» Die bestehenden Regeln hätten gezeigt, dass Selbstverpflichtungen von Unternehmen wenig bewirken.
Nötig sei zudem mehr Transparenz bei den Löhnen. Seit Juli 2017 gibt es dafür in Deutschland das sogenannte Entgelttransparenzgesetz. Dies spiele in der betrieblichen Praxis aber keine nennenswerte Rolle, so der DFK. Das Gesetz habe sich leider als zahnloser Papiertiger erwiesen.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sieht die Ursache des Problems anderswo: «Unterschiedliche Durchschnittslöhne sind das Ergebnis individueller beruflicher und familiärer Entscheidungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern», teilte der BDA mit. Um die Verdienstunterschiede anzugehen, plädiert der Verband für eine klischeefreie Berufsorientierung und die Beseitigung traditioneller Rollenbilder sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. «Wie wichtig gerade das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist, sehen wir jetzt während der Pandemie», so der Verband.
Der Internationale Aktionstag für gleiche Bezahlung von Frauen und Männern (Equal Pay Day) markiert den Tag, bis zu dem Frauen rechnerisch umsonst arbeiten, wenn man die Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern in Arbeitszeit umrechnet. 2020 sank dieser sogenannte Gender Pay Gap im Vergleich zu 2019 um einen Prozentpunkt auf 18 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Das Bundesamt wollte Sondereinflüsse durch die stark verbreitete Kurzarbeit im Corona-Jahr 2020 allerdings nicht ausschließen.