Das Schicksal der taumelnden Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) ist weiter in der Schwebe. Im Raum stand zuletzt eine komplette oder teilweise Not-Übernahme der zweitgrößten Schweizer Bank durch den größeren Konkurrenten UBS. Als eine weitere Option galt Berichten zufolge aber auch ein Einstieg des Staates.
Nach hektischen Krisenverhandlungen der Geldhäuser mit der Schweizer Bankenaufsicht über das gesamte Wochenende zeichnete sich bis zum Sonntagnachmittag noch keine Lösung ab. Eine Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS wäre die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren.
Einigung bis Montagmorgen?
Allerdings gestalteten sich die Verhandlungen dem Vernehmen nach als sehr zäh. Ziel war eine Einigung bis Montagmorgen noch vor Öffnung der weltweiten Börsen. Für Sonntagabend hatte die Schweizer Regierung nach Medienberichten zu einer «wichtigen Medienkonferenz» geladen.
Dem Vernehmen nach drängen die Schweizer Aufsichtsbehörden die UBS dazu, ihren kleineren Lokalrivalen zu übernehmen. Voraussetzung für einen solchen Megadeal seien staatliche Sicherheiten. Die Schweizer Regierung in Bern solle eine Garantie zur Absicherung der mit der Übernahme verbundenen Risiken abgeben, hieß es.
Zwischen beiden Geldhäusern soll es zuletzt aber Differenzen über den Preis gegeben haben. Die Schweiz erwägt laut «Bloomberg» auch eine vollständige oder teilweise Verstaatlichung der Credit Suisse als einzige andere Option neben einer Übernahme durch die UBS.
Globale Bankenkrise droht
Für die Notenbank, Finanzaufsicht und Regierung der Schweiz geht es auch darum, eine größere globale Bankenkrise zu verhindern. Die Regierung steht unter erheblichem Druck, die Lage zu stabilisieren. Denn Credit Suisse gehört zu den 30 globalen systemrelevanten Banken, deren Ausfall das internationale Finanzsystem erschüttern würde.
Nach einem Bericht der «Financial Times» soll UBS am Sonntag angeboten haben, den Lokalrivalen für bis zu eine Milliarde US-Dollar zu übernehmen. Bei der Credit Suisse stieß die Offerte einem weiteren Medienbericht zufolge auf wenig Gegenliebe. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, dass die Bank die Bedingungen der UBS mit Rückendeckung ihrer größten Aktionäre zurückgewiesen haben soll. Weder bei den beteiligten Instituten noch bei den Aufsichtsbehörden war am Sonntagnachmittag eine Stellungnahme zu erhalten.
Die «Financial Times» hatte berichtet, das Aktiengeschäft zwischen beiden Banken solle noch am Sonntagabend unterzeichnet werden – und zwar zu einem Bruchteil des Schlusskurses der Credit-Suisse-Aktien vom Freitag. Die Aktionäre würden damit praktisch leer ausgehen. Am Freitag beendeten CS den Handel mit einem Kurs von 1,86 Franken. Das dürfte bei Credit-Suisse-Eignern auf Widerstand gestoßen sein.
USB wollte Hintertür im Vertrag
Zudem habe die UBS darauf bestanden, dass das Geschäft ungültig werde, sollten ihre Kreditausfallspreads, also die Absicherungen gegen einen Zahlungsausfall, um 100 Basispunkte oder mehr steigen. Da die Situation sich schnell verändere, gebe es keine Garantie, dass die Bedingungen unverändert blieben oder dass eine Einigung erzielt werde, heißt es in dem Bericht der «FT» weiter.
Die Schweizer Regierung war am Sonntag in Bern erneut zu einer Krisen-Sitzung zusammengekommen. Hintergrund ist unter anderem, dass Gesetze für eine schnelle Übernahme der Bank geändert werden müssten.
Die Schweizer Regierung könne Notfallmaßnahmen ergreifen, um den Prozess eines Zusammengehens zu beschleunigen, schrieb die «Financial Times». Sie könne etwa die eigentlich nötige Frist von sechs Wochen für die Konsultation der Aktionäre bei einer Übernahme verkürzen.
Schweizer Regierung erwägt Notfallmaßnahmen
Die Bank of England hat nach einem Bericht des Senders Sky News Zustimmung zu einer möglichen Übernahme der Credit Suisse durch die UBS angedeutet. Die britische Notenbank habe ihren internationalen Kollegen und der UBS signalisiert, dass sie die Notfalltransaktion unterstützen werde, berichtete der Sender.
Die Credit Suisse war nach Skandalen und Misswirtschaft bereits angeschlagen, als sie nach dem Zusammenbruch des US-Geldinstituts Silicon Valley Bank (SVB) in einen weiteren Abwärtsstrudel geriet. Sie erhielt eine Kreditzusage der Schweizerischen Nationalbank in Höhe von 50 Milliarden Franken (knapp 51 Mrd Euro), konnte den Abwärtstrend des Aktienkurses aber nur vorübergehend stoppen.
Credit Suisse hatte für das vergangene Geschäftsjahr einen Jahresverlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Mrd. Euro) ausgewiesen. Im vierten Quartal 2022 hatten CS-Kunden immense Summen abgehoben – netto verzeichnete die Bank einen Geldabfluss von 110 Milliarden Franken. Die UBS hatte 2022 dagegen einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar (aktuell 7,07 Mrd Euro) erwirtschaftet. Der Börsenwert von Credit Suisse ist innerhalb zwölf Monaten um mehr als zwei Drittel gefallen – zuletzt auf nur noch 7,46 Milliarden Euro. Die UBS war dagegen umgerechnet etwa 60,8 Milliarden Euro wert.
Medien: Vertrauen der Kunden ist komplett weg
Die Schweizer Zeitung «Tages-Anzeiger» sieht als einzigen Ausweg die Übernahme der Bank durch die UBS. Das Vertrauen der Kunden sei komplett weg, der Abfluss von Geld immens. Mehrere internationale Banken hätten ihre Geschäfte mit der Credit Suisse eingeschränkt. Da nütze auch der Kredit über 50 Milliarden Franken von der Nationalbank nichts. «Alle haben Angst vor dem Kollaps», so das Blatt.
Bei einer vollständigen Fusion würde eines der größten systemrelevanten Finanzinstitute in Europa entstehen. Die Bilanzsumme der UBS mit mehr als 72.000 Beschäftigten belief sich 2022 auf umgerechnet 1.030 Milliarden Euro, die der Credit Suisse mit gut 50.000 Beschäftigten auf umgerechnet 535,44 Milliarden Euro.