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Mark Branson soll neuer Bafin-Chef werden

Soll an die Spitze der Bafin rücken: Mark Branson, bisheriger Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Peter Klaunzer/KEYSTONE/dpa)

Mit einem personellen Neuanfang an der Spitze soll die deutsche Finanzaufsicht Bafin nach dem Wirecard-Skandal mehr Biss bekommen.

Der Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma, Mark Branson, soll neuer Präsident der Behörde werden und damit Nachfolger von Felix Hufeld, wie das Bundesfinanzministerium in Berlin mitteilte. Der 52 Jahre alte studierte Mathematiker soll sein neues Amt Mitte des Jahres antreten. Nach dpa-Information soll er spätestens am 1. August anfangen.

Übergangsweise soll der Chef der Bafin-Bankenaufsicht Raimund Röseler die Behörde leiten, wie es in informierten Kreisen hieß. Die Finanzaufsicht war zuletzt im Bilanzbetrugsskandal um das frühere Dax-Unternehmen Wirecard heftig in die Kritik geraten.

«Ich bin hocherfreut, dass es uns gelungen ist, mit Mark Branson einen erfahrenen, international hoch anerkannten Fachmann für die deutsche Finanzaufsicht zu gewinnen», sagte Finanzminister Olaf Scholz laut Mitteilung. «Mit ihm an der Spitze wollen wir die Reform der Bafin fortsetzen, damit die Finanzaufsicht mehr Biss erhält. Das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland ist wichtig und die Bafin ist ein zentraler Vertrauensfaktor.»

Branson besitzt neben der britischen auch die schweizerische Staatsbürgerschaft. Er ist seit 2010 bei der Finma und seit 2014 deren Direktor. Zuvor arbeitete Branson von 1997 bis 2009 bei der Schweizer Großbank UBS.

Bei der Opposition im Bundestag kam die Personalie gut an. «Mark Branson bringt gute Voraussetzungen mit, um die Bafin zurück zu neuer Autorität und neuer Schlagkraft zu führen», sagte der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar. Die Bundesregierung müsse nun dafür sorgen, dass er auch ein Team bekomme, das die Bafin tatsächlich reformieren wolle.

Der Finanzpolitiker der Grünen, Danyal Bayaz, bezeichnete Branson mit seiner internationalen Kapitalmarkterfahrung als «vielversprechenden Personalvorschlag». Sein Kollege von den Linken, Fabio De Masi, wies allerdings auch darauf hin, dass die Schweizer Finanzaufsicht nicht als besonders streng gelte. «Branson sollte sich einer öffentlichen Befragung im Deutschen Bundestag stellen», forderte er.

Der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, der frühere Grünen-Abgeordnete Gerhard Schick, betonte: «Hut ab!» Scholz und sein Staatssekretär Jörg Kukies hätten einen erfahrenen Fachmann gewinnen können. «Es ist gut, dass Herr Branson von außen kommt und Probleme lautstark thematisieren sowie engagiert angehen kann», so Schick. Dafür brauche er allerdings Rückendeckung aus Berlin.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Post bezeichnete Branson als eine gute Wahl. «Als Chef der Schweizer Finanzaufsicht hat er gezeigt, dass er entschieden Reformen anpackt und in der Lage ist, klare Regeln gegenüber den Akteuren auf den Finanzmärkten durchzusetzen.»

Auch der Banken-Dachverband Deutsche Kreditwirtschaft zeigte sich erfreut. «Mit Mark Branson tritt ein ausgewiesener Experte und Kenner der Finanzbranche mit langjähriger Erfahrung in der Leitungsfunktion einer der bedeutendsten Finanzmarktaufsichten in Europa als Präsident der Bafin an.» Die schnelle Nachfolgeregelung trage dazu bei, das Vertrauen in die Finanzaufsicht zu stärken.

Der bisherige Bafin-Chef Hufeld hatte seinen Posten räumen müssen. Der Wirecard-Skandal habe offenbart, dass die deutsche Finanzaufsicht neu organisiert werden müsse, um ihre Aufsichtsfunktion effektiver erfüllen zu können, hatte Scholz gesagt. Die Bafin soll unter anderem mit Experten für Wirtschaftsprüfung und Bilanzanalyse verstärkt werden. Nach Informationen des «Handelsblatts» wollte der Bafin-Verwaltungsrat, in dem Vertreter verschiedener Ministerien sitzen, am Montag knapp 160 neue Stellen bewilligen.

Scholz will außerdem, dass eine sogenannte Fokusaufsicht künftig die Kontrolle über komplexe Unternehmen aus einer Hand übernimmt. Im Fall Wirecard war die Bafin formal nur für einen Teil des Unternehmens, die Wirecard Bank, verantwortlich. Mehrere Behörden stritten um die Zuständigkeit für den Gesamtkonzern.

Weder der Finanzaufsicht noch den Wirtschaftsprüfern von EY war der mutmaßliche jahrelange Milliardenbetrug bei Wirecard aufgefallen. Das inzwischen insolvente Unternehmen hatte im vergangenen Sommer Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt – insgesamt könnte es nach Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft um mehr als drei Milliarden Euro gehen.

Die Bafin selbst ist ins Visier die Frankfurter Staatsanwaltschaft geraten. Nach Anzeigen von Wirecard-Aktionären leitete die Staatsanwaltschaft eine Voruntersuchung ein, die nach Angaben vom Montag andauert. Wirecard-Aktionäre werfen der Bafin vor, sie habe ihre Aufsichtspflichten verletzt.

Theresa Münch und Friederike Marx, dpa