Im Tarifstreit bei der Deutschen Bahn hat der Konzern mit Unverständnis auf die Ablehnung seines jüngsten Angebots durch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) reagiert. «Die Gewerkschaft zeigt kein Entgegenkommen und macht keine Lösungsvorschläge. Sie beharrt einfach stur auf ihren Ausgangsforderungen», kritisierte DB-Personalvorstand Martin Seiler.
Weiteren Verhandlungen erteilte die Bahn in ihrer Stellungnahme in der Nacht zu Mittwoch eine Absage. «Das ist im Moment sinnlos, weil die EVG sich keinen Millimeter bewegt», wurde Seiler darin zitiert. Das Unternehmen wolle nun «die Gesamtsituation umfassend bewerten» und in den zuständigen Gremien über weitere Schritte beraten.
EVG: «Wesentliche Punkte weiterhin nicht erfüllt»
Die EVG hatte das jüngst nachgebesserte Angebot des Konzerns gestern am späten Abend als unzureichend zurückgewiesen und die Arbeitgeberseite für heute zu weiteren Verhandlungen in Berlin aufgerufen.
«Wesentliche Punkte unserer Forderungen sind weiterhin nicht erfüllt», teilte Verhandlungsführer Kristian Loroch mit. «Das, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist sozial ungerecht.» Weitere Verhandlungen seien im Interesse des Konzerns, «denn so lange wir am Verhandlungstisch sitzen, wird nicht gestreikt». Ob es nun zu weiteren Warnstreiks kommt, hängt von den nächsten Tagen ab.
Die Bahn hatte das aktuelle Angebot bei der jüngsten Verhandlungsrunde vergangene Woche in Fulda unterbreitet und stufenweise zwölf Prozent bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen, acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch dieses Jahr umgesetzt werden. Hinzu kommt eine ebenfalls stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab diesem Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit beträgt 24 Monate.
Weitere Warnstreiks nicht vom Tisch
Gemessen an den bisherigen Angeboten ist die Bahn der EVG damit zwar weiter entgegengekommen, doch liegen beide Seiten noch immer weit auseinander: Die Gewerkschaft fordert einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen nur zwölf Monate betragen. Einmalzahlungen lehnte die EVG bislang strikt ab.
Weitere Warnstreiks oder gar eine Urabstimmung, die unbefristete Streiks zur Folge haben könnte, sind daher nicht vom Tisch. Bereits zwei Mal hat die EVG im laufenden Tarifstreit zu Warnstreiks aufgerufen und den Bahnverkehr in Deutschland damit weitgehend zum Erliegen gebracht. Einen dritten geplanten 50-Stunden-Warnstreik sagte die Gewerkschaft kurzfristig ab, nachdem sie mit der Bahn vor dem Arbeitsgericht Frankfurt in einem der Verhandlungsknackpunkte einen Vergleich erzielt hatte.