Der Bundesgerichtshof (BGH) befasst sich heute mit Aufklärungspflichten von Verkäufern einer Immobilie im Zuge einer sogenannten Ankaufsuntersuchung. In dem Fall geht es um den Kauf mehrerer Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex in Hannover. Die Klägerin – eine Firma – fühlt sich arglistig getäuscht, weil sie zu spät davon erfahren habe, dass hohe Kosten für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums auf sie zukommen könnten.
In den Vorinstanzen am Landgericht Hildesheim und dem Oberlandesgericht Celle hatte sie keinen Erfolg. Ob der BGH am Freitag ein Urteil spricht, ist unklar.
IVD: Due-Diligence findet praktisch immer statt
Der Immobilienverband Deutschland IVD geht davon aus, dass die Entscheidung generell für alle Ankaufsuntersuchungen relevant ist. Eine Ankaufsuntersuchung – auch Due-Diligence-Prüfung genannt – finde praktisch immer statt, erklärte Christian Osthus, stellvertretender IVD-Bundesgeschäftsführer und Justiziar. «Jeder Käufer prüft vor einem Kauf, ob das Objekt den Erwartungen entspricht.» In der Regel erfolge das aber nicht organisiert oder über einen Dritten. «Das ist tatsächlich nur bei größeren Transaktionen der Fall oder wenn es der Gepflogenheit des Käufers entspricht.»
Im konkreten Fall geht es laut BGH um einen Vertrag über einen Kaufpreis von mehr als 1,5 Millionen Euro, in dem die Verkäuferin unter anderem versichert, dass mit einer Ausnahme keine Sonderumlagen beschlossen worden seien. Weiter heiße es darin, die Verkäuferin habe der Käuferin Protokolle der Eigentümerversammlungen der vergangenen drei Jahre übergeben, und die Käuferin kenne den Inhalt der Unterlagen.
Die Klägerin konnte den Angaben nach auf einen virtuellen Datenraum zugreifen, in den die Verkäuferin drei Tage vor Vertragsabschluss das Ergebnisprotokoll einer Eigentümerversammlung einstellte, bei der es um Umbaumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ging.
Zwar hatten die Eigentümer der Gewerbeeinheiten damals laut Mitteilung unter anderem beschlossen, keine Sonderumlage zu erheben. Eine andere Eigentümerin habe dies aber eingeklagt. Das Verfahren sei im Januar 2020 mit einem Vergleich geendet, demzufolge von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten eine Sonderumlage von zunächst 750.000 Euro – bei Bedarf bis zu 50 Millionen Euro – für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum erhoben werden sollte. Daraufhin focht die Klägerin den Kaufvertrag an.
Notartermin «untergeschoben»
Das Oberlandesgericht Celle gab ihr kein Recht, weil bis zum Vertragsschluss keine Sonderumlage beschlossen worden sei. Auch sei unklar, ob die Verkäuferin von der Klage der anderen Eigentümerin gewusst habe. Auch habe sie nicht im Widerspruch zu einer bestehenden Aufklärungspflicht wahre Tatsachen unterdrückt, vor allem nicht wie vorgeworfen das relevante Protokoll der Eigentümerversammlung erst unmittelbar vor einem Notartermin «klammheimlich» in den Datenraum eingestellt und der Käuferin damit «untergeschoben».
Diese habe schon mit einem Verkaufsexposé den Hinweis auf die Eigentümerversammlung sowie auf eine anstehende Ertüchtigung der Fassade und Umgestaltung des Gebäudekomplexes auf zwei Ebenen bekommen. Dem sei sie nicht nachgegangen. Zudem habe sie im Kaufvertrag bestätigt, die Unterlagen der vergangenen drei Jahre erhalten zu haben. Es habe in ihrer Verantwortung gelegen, sich über die maßgebliche Beschlusslage der Eigentümergemeinschaft zu informieren.