Der schnelle Anstieg der Zinsen im vergangenen Jahr hat laut einer Studie die Gewinne der europäischen Banken in die Höhe getrieben. Die Betriebsergebnisse der Privatkundenbanken in elf europäischen Ländern legten 2022 demnach im Schnitt um 18 Prozent zu, die Umsätze um 8 Prozent. In Deutschland aber arbeitet die Durchschnittsbank nach wie vor weit weniger profitabel als im übrigen Europa. Das ergab die Analyse des europäischen Bankensektors, die die Unternehmensberatung Strategy& in München veröffentlichte.
Am meisten Geld verdienten demnach – wie bereits im Vorjahr – Schweizer Banken mit einem Gewinn von 426 Euro pro Kunde. Die österreichischen Institute lagen mit 292 Euro an fünfter Stelle, die deutschen Häuser mit 201 Euro auf Platz neun und damit unter den letzten drei. Die Unternehmensberatung zog auch den Vergleich zu den Privatkundenbanken in den USA und Australien – die europäischen Häuser wuchsen schneller und erzielten im Schnitt höhere Gewinne pro Kunde. In den Jahren nach der internationalen Finanzkrise 2008/09 galten die US-Banken international noch als wettbewerbsfähiger.
«Die Rahmenbedingungen für die europäischen Privatkundenbanken sind so günstig wie lange nicht mehr», sagte Studienautor Andreas Pratz. Neben den steigenden Zinsen haben laut Strategy& mittlerweile auch die Sparprogramme der vergangenen Jahre einen Effekt: Demnach haben 80 Prozent der europäischen Banken ihre Gewinne in den vergangenen sechs Jahren durch die Umgestaltung ihrer Geschäfts – und Betriebsmodelle gesteigert. Damit gemeint sind im wesentlichen die Welle der Filialschließungen und der Ausbau des Online-Banking.
Die Autoren warnen Europas Banker jedoch davor, sich auf den Früchten ihrer Arbeit auszuruhen: «Für einen Großteil der Privatkundenbanken geht es aktuell beständig nach oben», sagte Koautor Johannes Gärtner. «Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich zugleich viele neue Anbieter in Stellung bringen, etwa aus dem Big-Tech-Bereich oder der Fintech-Szene.»