Die US-Notenbank Federal Reserve hat im Kampf gegen die Inflation den Leitzins auf den höchsten Stand seit 22 Jahren angehoben. Nach einer weiteren Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte liegt er nun in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent. Notenbank-Chef Jerome Powell ließ die Tür für weitere Anhebungen ausdrücklich offen.
Heute hat die Europäischen Zentralbank (EZB) eine weitere Zinserhöhung im Euroraum eingeleitet – um 0,25 Prozentpunkte.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte für die Sitzung bereits eine weitere Erhöhung in Aussicht gestellt. Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen hob die EZB angesichts der hartnäckig hohen Teuerung die Zinsen seit Juli 2022 in einer beispiellosen Serie acht Mal in Folge an. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, liegt mittlerweile bei 4,0 Prozent.
Inflation im Juni deutlich über dem EZB-Ziel
Die EZB strebt mittelfristig für den Euroraum Preisstabilität bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an. Trotz einer Abschwächung lag die Inflation im Juni weiterhin deutlich über dem EZB-Ziel. Die Verbraucherpreise erhöhten sich im Juni gegenüber dem Vorjahresmonat um 5,5 Prozent, nach 6,1 Prozent im Mai. Die rasante Inflation war unter anderem vom Anstieg der Energiepreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ausgelöst worden.
In den USA war die elfte Erhöhung binnen 16 Monaten allgemein erwartet worden. Die spannende Frage war, wie es nun weitergeht. Im Juni hatte die Fed nach zehn Anhebungen in Folge eine Pause eingelegt. Damals signalisierte sie noch mindestens zwei weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr. Doch seitdem wurde eine weiterer Rückgang der Inflation bekannt.
Powell: Teuerung soll auf Zielmarke von zwei Prozent
Die Fed habe keine Entscheidungen über künftige Zinsschritte getroffen, betonte Notenbank-Chef Powell. Zugleich zeigte er sich offen für weitere Erhöhungen. So verwies er nach der Entscheidung darauf, dass die Teuerung weiterhin über der Zielmarke von zwei Prozent liege. Und die Notenbank sei entschlossen, sie auf dieses Niveau zu bringen. Man rechne damit, die zwei Prozent erst «2025 oder so ähnlich» zu erreichen, sagte Powell. Das bedeute aber nicht, dass die Fed die Zinsen hochschrauben werde, bis die Marke erreicht sei: «So schießt man übers Ziel hinaus.»
Powell verwies auch darauf, dass bis zur nächsten Zinsentscheidung noch neue Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung kommen werden. Ausgehend davon könne die Fed entscheiden, die Zinsen weiter zu erhöhen oder sie auf dem aktuellen Niveau zu belassen. Bisher sei es gelungen, die Inflation zu bremsen, ohne dem Arbeitsmarkt zu schaden.
Stete Leitzins-Anhebung seit Frühjahr 2022
Die Inflation im Zaum zu halten, ist die klassische Aufgabe der Notenbanken. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr für Kredite ausgeben – oder leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht unbegrenzt weitergeben – und idealerweise sinkt die Inflationsrate. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, die Wirtschaft abzuwürgen. Die richtige Balance zu finden, ist die große Herausforderung für Zentralbanker.
Die Fed hatte im Kampf gegen den hohen Anstieg der Verbraucherpreise den Leitzins seit März 2022 stetig angehoben, zum Teil in Schritten von 0,75 Prozentpunkten. Der Zyklus gilt als eine der schnellsten und schärfsten Straffungsperioden in der Geschichte der Fed.
Medienberichten zufolge gibt es unter den Mitgliedern des US-Notenbankrates unterschiedliche Ansichten über den weiteren Kurs. Einige seien dafür, mit den Zinserhöhungen fortzufahren. Die andere Fraktion wolle die Anhebungen stoppen, um den Arbeitsmarkt zu schützen, schrieb der Finanzdienst Bloomberg.
Die Juni-Daten zeigten, dass sich die hohe Inflation in den USA erneut und spürbar abgeschwächt hat. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,0 Prozent. Das war der niedrigste Wert seit etwas mehr als zwei Jahren. Im Vormonat hatte die Rate noch 4,0 Prozent betragen. Die Kerninflation, bei der schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert werden, fiel im Juni von 5,3 auf 4,8 Prozent.