Nach der Vortagesrally am deutschen Aktienmarkt haben Anleger am Freitag im moderaten Umfang Gewinne mitgenommen. Tags zuvor war es dem Dax erstmals wieder seit Mitte Juni gelungen, die Hürde von 16.400 Punkte zu überwinden. Sein Rekordhoch verfehlte er nur knapp. Die Aussicht auf ein Ende der Zinserhöhungen in den USA und der Eurozone hatte die Börsen in ganz Europa befeuert.
Im frühen Handel gab der deutsche Leitindex um 0,16 Prozent auf 16.380 Punkte nach. Auf Wochensicht zeichnet sich damit ein Plus von etwas mehr als einem Prozent ab. Der MDax mit Aktien der 50 mittelgroßen börsennotierten Unternehmen verlor am Freitagmorgen 0,99 Prozent auf 28.496 Zähler. Der EuroStoxx 50 sank um 0,22 Prozent auf 4438 Punkte. Das Börsenbarometer für die Schwergewichte der Eurozone hatte am Donnerstag den höchsten Stand seit 2007 erreicht.
Im Kampf gegen die hohe Inflation hatten Fed und EZB ihre Leitzinsen wie erwartet um weitere 0,25 Prozentpunkte angehoben. Die EZB schloss nach der neunten Zinserhöhung in Folge erstmals eine Pause nicht aus. Zwar ließen beide Zentralbanken die Tür für weitere Anhebungen offen, doch an den Märkten gehen Experten zunehmend davon aus, dass der Zinsgipfel in den USA und dem Euroraum erreicht sein dürfte.
Zur Fed etwa konstatierte Volkswirt Ian Shepherdson von Pantheon Macroeconomics, dass die Notwendigkeit für weitere Zinsschritte «nicht mehr sehr wahrscheinlich» sei. Ulrich Kater, Volkswirt der DekaBank, sieht dies ähnlich für die EZB: Mit der Zinserhöhung am Donnerstag habe diese ihren Job erstmal erledigt. «Ab jetzt schließt sich das Fenster für weitere Leitzinserhöhungen, denn die Inflation wird im Herbst deutlich sinken.»
Unter den Einzelwerten im Dax richteten sich am Morgen die Blicke vor allem auf Eon, den Chemieriesen BASF und die Deutsche Telekom.
Der Versorger Eon hatte am Vorabend nach einer Entspannung auf dem Energiemarkt seine Gewinnprognosen für das laufende Jahr angehoben. Die neue Prognose liege deutlich über der durchschnittlichen Analystenschätzung, schrieb etwa Jefferies-Analyst Ahmed Farman. Für die Aktie ging es an der Index-Spitze um 1,3 Prozent nach oben.
BASF bestätigte unterdessen seine erst kürzlich gesenkten Ziele und meldete einen deutlichen Umsatz- und Ergebnisrückgang im zweiten Quartal, was der Aktie ein kleines, marktkonformes Minus von 0,3 Prozent bescherte. Dem Bonner Telekomkonzern galt die Aufmerksamkeit der Anleger, da T-Mobile US am Vorabend die Jahresziele höher gesteckt hatte. Allerdings enttäuschte die US-Tochter zugleich mit ihren Umsatzzahlen. Die T-Aktie gab um 0,2 Prozent nach.
Die Evotec-Aktie sackte indes im MDax als Schlusslicht um 7,4 Prozent ab. Der Wirkstoffforscher rechnet infolge des jüngsten Hackerangriffs mit einer deutlich schlechteren Entwicklung seiner Geschäfte. Sowohl für den Umsatz als auch für den operativen Gewinn kappte der Konzern seine Prognosen.
Im SDax erholte sich das Papier von Süss Microtec etwas von seinem etwas mehr als elfprozentigen Kursrutsch am späten Donnerstagnachmittag und legte um 6,9 Prozent zu. Der Chipausrüster hatte am Vortag Anleger mit einer Prognosesenkung geschockt.