Der Kampf gegen die Inflation im Euroraum ist nach Einschätzung von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel noch nicht gewonnen. «Mittlerweile sinkt die Inflation zwar wieder, besiegt ist das „gierige Biest“ aber noch nicht», sagte Nagel laut Redetext am Donnerstag in Karlsruhe. Beunruhigend sei die weiter sehr hohe Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden. «Sie gibt ein aufschlussreiches Bild über den zugrundeliegenden Inflationstrend, und der ist offensichtlich noch nicht gebrochen.»
Nagel betonte, der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), dem er als Bundesbank-Präsident angehört, müsse den restriktiven Kurs fortsetzen, «bis sichergestellt ist, dass die Inflation wieder zu unserem mittelfristigen Zielwert von 2 Prozent zurückkehrt.» Die Teuerung in der Eurozone hatte sich zuletzt abgeschwächt. Die Jahresinflationsrate sank im September nach Angaben des Statistikamtes Eurostat auf 4,3 Prozent nach 5,2 Prozent im August.
Euro erweist sich als stabile Währung
Der EZB-Rat hat im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen im Euroraum bislang zehn Mal in Folge angehoben. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, liegt inzwischen bei 4,5 Prozent. Der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, hat mit 4,0 Prozent das höchste Niveau seit Bestehen der Währungsunion 1999 erreicht. Die meisten Beobachter erwarten, dass die Leitzinsen zunächst auf diesem Niveau verharren werden.
Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Allerdings sind teurere Kredite zugleich eine Last für die ohnehin schwächelnde Wirtschaft.
Nagel zufolge kann sich die Bilanz der Europäischen Geldpolitik der vergangenen 25 Jahre sehen lassen: «Im Mittel über die gesamte Zeit liegt die Inflationsrate im Euroraum bei 2,1 Prozent. Auf lange Sicht hat sich der Euro mithin, wie versprochen, als stabile Währung erwiesen.»