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Bankier Olearius ergreift im Cum-Ex-Prozess das Wort

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Okt 16, 2023
Der angeklagte Bankier Christian Olearius (2.v.l) ist persönlich haftender Gesellschafter der Privatbank M.M. Warburg. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Thomas Banneyer/dpa)

Vor der Wortmeldung des Hamburger Bankiers Christian Olearius im Cum-Ex-Prozess gegen ihn hat ein Branchenexperte die Bedeutung des Verfahrens betont. Es gehe nicht nur um die Schuld oder Unschuld des 81-Jährigen, sagte der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick, der dpa mit Blick auf den vierten Verhandlungstag des Strafprozesses am Montag am Bonner Landgericht (Aktenzeichen 63 KLs 1/229). «Es geht um die Frage, ob in unserem Rechtsstaat die Regeln für alle gleich gelten – oder ob sehr reiche Menschen ohne Konsequenzen durchkommen.» Olearius ist Gesellschafter der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, die bei Cum-Ex mitgemacht hat.

Es ist das erste Mal, dass sich ein Vertreter der obersten Chefetage eines Bankhauses in dem größten Steuerskandal der Bundesrepublik vor Gericht verantworten muss. Olearius ist persönlich haftender Gesellschafter der Privatbank M.M. Warburg, früher war er ihr Chef.

Die Anklage wirft dem 81-Jährigen 14 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung vor, die zu einem Steuerschaden von knapp 280 Millionen Euro geführt haben sollen. In zwei Fällen blieb es beim Versuch. Im Kern bezogen sich die Taten auf den Zeitraum 2006 bis 2011 und damit die Hochphase der Aktiendeals, bei denen Finanzakteure ein Verwirrspiel inszenierten und der Fiskus gar nicht gezahlte Steuern erstattete. Dadurch wurde der deutsche Staat und damit die Allgemeinheit Schätzungen zufolge um einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag geprellt. Der Bundesgerichtshof wertete das Geschäftsmodell im Jahr 2021 als Straftat.

Die vier Verteidiger von Olearius haben die Vorwürfe gegen ihren Mandanten in dem Ende September begonnenen Verfahren bereits zurückgewiesen und Freispruch gefordert. Nun will sich der Angeklagte persönlich äußern.

Scholz bestreitet, sich für Olearius eingesetzt zu haben

Der Bonner Prozess ist auch deshalb von öffentlichem Interesse, weil es bei Olearius‘ Cum-Ex-Vorgehen einen Bezug zum damaligen Hamburger Ersten Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt. Die beiden trafen sich 2016 und 2017 insgesamt drei Mal. Olearius versuchte damals, drohende Steuerrückzahlungen von seiner Bank abzuwenden. Scholz hat zwar die Treffen bestätigt, kann sich an den genauen Inhalt nach eigenem Bekunden aber nicht mehr erinnern. Er bestreitet, sich für den Bankier eingesetzt zu haben. Mit Spannung wird erwartet, ob Olearius sich am Montag zum Scholz-Bezug äußert.

«Christian Olearius war in Hamburg bestens vernetzt, hat als Wohltäter agiert, hatte politischen Einfluss», sagt der frühere Grünen-Bundestagsabgeordneter und heutige Finanzwende-Vorstand Schick. So jemand bekomme natürlich leicht einen Termin beim Bürgermeister. «Wenn jedoch Recht gebogen und gebrochen wird, um die einflussreichsten Bürger einer Stadt zu schützen, ist eine Grenze überschritten.»

Bei der Aufarbeitung des Steuerskandals spielen die Kölner Staatsanwaltschaft und damit auch das Bonner Landgericht eine zentrale Rolle. Bei der Kölner Strafverfolgungsbehörde sind rund 120 Cum-Ex-Ermittlungsverfahren gegen 1700 Beschuldigte anhängig. Neun Anklagen wurden erhoben. In den kommenden Jahren wird mit einer Vielzahl an weiteren Prozessen gerechnet. Das NRW-Justizministerium beschloss kürzlich, die Zahl der Stellen für Staatsanwälte der Kölner Cum-Ex-Hauptabteilung von 36 auf 40 zu erhöhen. Das Bonner Landgericht baute für die Verfahren extra ein neues Gebäude.