Die Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen wird ausgedehnt und soll künftig auch zusätzliche Milliarden für die Schiene einbringen. Der Bundestag beschloss am Freitag ein Gesetz der Ampel-Koalition für einen Umbau der Nutzungsgebühr. Zum 1. Dezember kommt zunächst ein CO2-Aufschlag, um den Schadstoffausstoß stärker zu berücksichtigen.
Zum 1. Juli 2024 soll die Mautpflicht dann auch schon für kleinere Transporter ab mehr als 3,5 Tonnen greifen. Bisher gilt sie ab 7,5 Tonnen. Ausgenommen bleiben Fahrten von Handwerksbetrieben. Speditionsbranche und Opposition protestierten gegen die deutliche Maut-Erhöhung und warnten vor Folgen für die Verbraucherpreise.
Kurz nach dem Parlamentsbeschluss billigte gleich auch der Bundesrat das Gesetz. Denn die Zeit bis zum angepeilten Inkrafttreten drängt, und das zusätzliche Geld ist auch schon eingeplant. Tatsächlich kommt erheblich mehr für den Bund herein: Die Einnahmen springen von knapp 8 Milliarden Euro in diesem Jahr auf mehr als 15 Milliarden Euro im nächsten Jahr. Von 2024 bis 2027 sollen damit Mehreinnahmen von 30,5 Milliarden Euro zusammenkommen, die unabhängig von ungewissen Haushaltslagen für Verkehrsinvestitionen reserviert werden können.
Geld auch für die Schiene
Neu geregelt wird die Mittelverwendung. Die Hälfte der Einnahmen soll auch weiter zweckgebunden in die Verbesserung der Bundesfernstraßen fließen – der Rest nun aber ganz überwiegend in «Maßnahmen aus dem Bereich Bundesschienenwege». Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden sprach von einer «historischen Weichenstellung», dass der Kreislauf zur Finanzierung allein der Straße durchbrochen werde. Zudem solle Verkehr auf die Schiene verlagert werden. «Jeder Güterzug ersetzt rund 50 Lkw.» Der Autofahrerclub ADAC warnte dagegen, eine wichtige Säule zur Finanzierung der Fernstraßen werde langfristig geschwächt.
Neue Klima-Komponente
Für die Speditionen kommt ein weiteres Maut-Element hinzu, nämlich für Kosten des Ausstoßes klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2). Basis für die konkreten Mehrkosten je nach Lastwagen ist ein Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2. Bisher besteht die Maut schon aus Teilsätzen für Infrastrukturkosten sowie für externe Kosten der Lärmbelastung und der Luftverschmutzung. Emissionsfreie Lastwagen sollen bis Ende 2025 von der Maut befreit werden. Die Regeln sollen Anreize geben, dass mehr sauberere Fahrzeuge auf die Straßen kommen. Die Branche moniert aber, dass es noch kaum Elektro-Lkws oder E-Ladepunkte gibt.
Die Kosten-Effekte
Die Opposition warnte vor hohen neuen Belastungen. «Sie verdoppeln die Maut innerhalb einer Nacht», sagte CDU-Verkehrspolitiker Thomas Bareiß an die Adresse der Koalition. Das sei «eine Sauerei» und einer der größten Inflationstreiber im kommenden Jahr. Die Branchenverbände machen ebenfalls Front gegen die drastische Anhebung, die ein Skandal für mittelständische Betriebe sei und an die Kunden weitergegeben werden müsse. Damit rechnet auch das Ministerium. Mautkosten machten aber nur einen geringen Anteil der Transportkosten und einen noch geringeren der Gesamtkosten des Endprodukts aus, heißt es im Entwurf. Daher seien Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau «marginal». Anzunehmen wäre, dass ein Preis von 100 Euro auf 100,10 Euro steige.
Die Handwerker-Ausnahme
Die Maut wird nicht nur teurer, sondern auch auf kleinere Lastwagen von mehr als 3,5 bis 7,5 Tonnen ausgeweitet. Das trifft etwa Transporter von Paketdiensten oder Tafeln, die Lebensmittelspenden fahren. Von vornherein klar war aber, dass Fahrten von Handwerksbetrieben ausgenommen werden sollen. Das Ministerium schätzt, dass 300 000 Fahrzeuge neu mautpflichtig werden – und 100 000 davon grundsätzlich für die eigens festgelegte Handwerker-Ausnahme in Betracht kommen. Da die kleineren Transporter nicht wie schwere Lastzüge überwiegend im Fernverkehr fahren, werden aufwendigere Kontrollen vor allem auf Bundesstraßen erwartet. Bisher sind rund eine Million schwere Lkw aus dem In- und Ausland mit Bordcomputern zum Mautabbuchen unterwegs.
Beschleunigung für Verkehrsprojekte
Zur Lkw-Maut hielt sich Verkehrsminister Volker Wissing am Freitag bedeckt. Er äußerte sich zu einem anderen Gesetz, das der Bundestag beschloss. Bauprojekte auf Autobahnen und bei der Bahn sollen damit schneller in Gang kommen. Denn Staus, lange Umwege und ewiges Warten auf den Zug gehörten leider zum Alltag vieler Menschen, sagte der FDP-Politiker. «Auf Dauer ist das niemandem zumutbar.» Planungen und Genehmigungen sollen daher vereinfacht und beschleunigt werden. Für ausgewählte Projekte soll ein «überragendes öffentliches Interesse» festgelegt werden und so schnellere Entscheidungen ermöglichen. Das gilt auch für 138 Autobahnprojekte vor allem für weitere Fahrspuren.
Mehr Gestaltungsspielraum für Kommunen
Der Bundestag beschloss am Freitag noch ein drittes Verkehrsgesetz, das Städten und Gemeinden mehr Spielraum etwa beim Einrichten von Busspuren, Radwegen oder Tempo-30-Zonen geben soll. Konkret geht es um Änderungen im Straßenverkehrsgesetz als Rahmen für Bestimmungen vor Ort. Grundsätzlich sollen neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs künftig auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden. Im Lkw-Mautgesetz besiegelten Bundestag und Bundesrat auch das Ende des Gesetzes von 2015, das die später geplatzte Pkw-Maut-Einführung regeln sollte. Es wurde nie angewendet und wird jetzt aufgehoben.