Im Streit um die Zukunft des Deutschlandtickets im Nahverkehr haben sich Bund und Länder auf weitere Schritte zur Finanzierung verständigt. In diesem Jahr nicht verbrauchte Mittel sollen demnach 2024 für den Ausgleich finanzieller Nachteile aus dem Ticket eingesetzt werden können, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen von Bund und Ländern bei Beratungen am Abend in Berlin erfuhr.
Außerdem sollen die Verkehrsminister beauftragt werden, ein Konzept zur Realisierung des Tickets ab 2024 vorzulegen. In den Blick rückt dabei auch der Preis von bisher 49 Euro im Monat, der von vornherein als «Einführungspreis» bezeichnet wurde.
Bund und Länder sollten sich 2024 rechtzeitig über die weitere Finanzierung einschließlich eines Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises verständigen, «der auch eine Erhöhung beinhalten kann», hieß es laut den Informationen weiter. Das Deutschlandticket gilt seit 1. Mai in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs – als digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement in ganz Deutschland. Verbraucherschützer hatten bereits vor Preiserhöhungen gewarnt.
Weil: Ticket ist ein Erfolgsmodell
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte vor Beratungen der Länder mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), die Übertragung nicht verbrauchter Mittel von 2023 schaffe die Grundlage, dass das Ticket auch im nächsten Jahr weitergehen könne. «Ob und in welcher Form das Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben wird, das müssen uns die Verkehrsminister sagen.» Das Ticket sei ein Erfolgsmodell, und man wolle es weiterführen, sagte auch der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU) aus Hessen.
Bund und Länder bekräftigten, wie 2023 auch im Jahr 2024 je 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei den Verkehrsunternehmen durch das günstige Ticket zuzuschießen. Wie für das Einführungsjahr 2023 vereinbart, hatten die Länder in den vergangenen Wochen zudem auch für 2024 eine Zusage des Bundes gefordert, mögliche darüber hinausgehende Kosten zur Hälfte zu tragen. Nun heißt es, mit der vorgesehenen Regelung für 2024 solle eine weitere «Nachschusspflicht» durch Bund und Länder im nächsten Jahr ausgeschlossen werden. Für die angepeilte Mittelumschichtung ist eine Gesetzesänderung nötig.
Laut einer Prognose des Verbands der Verkehrsunternehmen dürften die Verluste für die Branche 2023 wegen des Ticketstarts erst im Mai bei 2,3 Milliarden Euro liegen, für das volle Jahr 2024 dann bei 4,1 Milliarden Euro. Bei zwei Mal drei Milliarden Euro öffentlicher Zuschüsse für 2023 und 2024 ergäbe sich unter dem Strich also eine Finanzlücke von 400 Millionen Euro.
Verkehrsbranche macht Druck
Die Branche hatte vor den Beratungen nochmals Druck gemacht. «Wenn der Bund seine Blockadehaltung hinsichtlich der weiteren Finanzierung nicht aufgibt, dann sprechen wir beim Deutschlandticket bald nicht mehr über einen historischen Moment, sondern über eine verpasste Chance», sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, der Deutschen Presse-Agentur. Man appelliere an die Ministerpräsidentenkonferenz und den Kanzler, auch für 2024 eine «Nachschusspflicht» zu beschließen, damit entstehende reale Einnahmeverluste auch wirklich komplett ausgeglichen würden.
Der Bund hatte bei den Länder-Forderungen in den vergangenen Wochen auf die schon getroffenen Vereinbarungen verwiesen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) machte mehrmals deutlich, dass es vorerst noch keine genauen Berechnungen von Mehrkosten gebe. Die vom Bund jährlich zugesagten 1,5 Milliarden Euro sind auch schon für 2025 festgelegt.