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Özdemir zu militanten Protesten: «Wir sind nicht erpressbar»

Agrarminister Cem Özdemir erweilt weitergehenden Forderungen von Bauern eine Absage. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Kay Nietfeld/dpa)

Bundesagrarminister Cem Özdemir hat in der Diskussion über Subventionskürzungen weitergehenden Forderungen von Bauern eine Absage erteilt. Auf die Frage, ob er den Landwirten weiter entgegenkommen könne, sagte der Grünen-Politiker am Freitagabend im ZDF-«Heute Journal»: «Nein, denn das müsste gegenfinanziert werden.» Die Ampel-Koalition gehe sehr fair vor.

Zugleich unterschied Özdemir zwischen einem legitimen Protest von Landwirten und Aktionen wie am Donnerstagabend gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck. «Wer jetzt glaubt, dass er die Politik erpressen kann, wer jetzt glaubt, mit Umsturzfantasien hier irgendwie Eindruck machen zu können, wird sehen, dass die Mehrheit unseres Landes und auch die Politik da sehr klar steht: Wir sind nicht erpressbar.»

Habeck war von Demonstranten an der schleswig-holsteinischen Küste gehindert worden, eine Fähre zu verlassen, die er für eine Privatreise nutzte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Hintergrund der Aktion war die Streichung von Subventionen für Bauern, die die Ampel-Koalition nach Protesten teilweise zurücknehmen will. Auch Özdemir war gegen die ursprünglichen Pläne. In der kommenden Woche wollen Bauern in ganz Deutschland gegen die Agrarpolitik demonstrieren.

«Das dürfen wir nicht hinnehmen»

Inzwischen geht es in der Diskussion auch um die Protestkultur allgemein. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schaltete sich in die Debatte ein. Demonstrationen gehörten zur Demokratie und Kritik an der Regierung sei legitim, sagte das Staatsoberhaupt der «Bild». Aufrufe zu Hass und Gewalt überschritten jedoch eine Grenze. «Zu sehen, wie ein Minister auf einer privaten Reise von einer aggressiven Menschenmenge eingeschüchtert wird und sich nach Bedrohungen in Sicherheit begeben musste, hat viele in unserem Land schockiert, auch mich. Das dürfen wir nicht hinnehmen», sagte Steinmeier.

Ähnlich äußerte sich Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. «Ich bin entsetzt darüber und erschüttert darüber», sagte die Grünen-Abgeordnete im Deutschlandfunk. Offensichtlich hätten sich die Demonstranten verabredet, «um jemanden zu attackieren, der aus seinem privaten Urlaub kommt».

FDP-Chef Christian Lindner apelliert an die Landwirte, bei Protesten friedlich zu bleiben. «Lassen Sie sich nicht unterwandern und instrumentalisieren. Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um», sagte der Finanzminister beim Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart. Protest müsse verhältnismäßig und im Rahmen der demokratischen Ordnung erfolgen.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sieht vor den Bauernprotesten eine besondere Verantwortung des Bauernverbands und regionaler Organisatoren. «Sie müssen vor den angekündigten Demonstrationen in der kommenden Woche deeskalieren», sagte Haßelmann der Deutschen Presse-Agentur. Sie müssten sich Gedanken machen, wie sie vor Ort friedlichen Protest und die Sicherheit von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Politikern gewährleisteten, die sich der demokratischen Debatte stellten.

Unionsfraktionsvizechef Steffen Bilger sagte der «Rheinischen Post»: «Die Landwirtsfamilien sind ganz überwiegend sachorientiert und haben ein feines Gespür für Trittbrettfahrer, denen es in Wahrheit nicht um die Landwirtschaft geht.»

Auch die CSU verurteilte die eskalierte Protestaktion. Es handele sich um eine «Entgleisung, die unmöglich ist, die so nicht stattfinden darf», sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf Nachfrage zum Auftakt der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon. Er und Parteichef Markus Söder betonten zugleich, sie hätten grundsätzlich Verständnis für die Proteste. Diese müssten aber «auf rechtsstaatlichem Boden» stattfinden.

Warnung vor Unterwanderung

Die «Welt am Sonntag» berichtete unterdessen, dass Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den geplanten Protesten diverse Mobilisierungsaufrufe und Solidaritätsbekundungen von Rechtsextremisten, Gruppierungen der Neuen Rechten und der Querdenker-Szene, besonders in den sozialen Medien, beobachteten. Dabei berief sich das Blatt auf das Bundeskriminalamt und Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern. Darunter seien Aufrufe für einen «Generalstreik» und «Umsturzrandale» sowie für eine «Unterwanderung» der Demonstrationen.

Auch das Bundesinnenministerium hatte vor Versuchen gewarnt, Bauernproteste zu missbrauchen. Es sei davon auszugehen, dass insbesondere Akteure aus dem rechtsextremistischen Spektrum versuchen würden, Veranstaltungen für eigene Interessen zu instrumentalisieren.