Der Schiffbau in Deutschland steckt nach Einschätzung der IG Metall mitten in einer Existenzkrise.
«Diese Krise geht an die Substanz des deutschen Schiffbaus. Tausende Arbeitsplätze auf Werften und bei Zulieferern sind in Gefahr», sagte der Bezirksleiter Küste der Gewerkschaft, Daniel Friedrich, der Deutschen Presse-Agentur.
«Einzelne Standorte – und damit wichtige industrielle Kerne an der Küste – stehen vor dem Aus», befürchtet er. «Um die Zukunft des Schiffbaus in Deutschland zu sichern, müssen Politik und Unternehmen jetzt handeln.»
Inmitten einer der schwersten Krisen berichtet der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) heute über die Lage der Branche. Die Werftindustrie ist von der Coronakrise schwer getroffen worden, bei etlichen Betrieben stehen viele Arbeitsplätze auf der Kippe. Die deutschen Werften sind zwar im internationalen Vergleich klein, haben aber nach dem Abschied vom Containerschiffbau eigentlich profitable Nischen gefunden – zum Beispiel beim Bau von Kreuzfahrtschiffen, Luxusjachten und Spezialschiffen. Doch gerade die Kreuzfahrtbranche braucht im Corona-Lockdown keine neuen Schiffe.
«Rund drei Viertel des zivilen Schiffbauauftragsbuchs hierzulande, ebenso wie in der gesamten EU, wurden von Kreuzfahrtreedern platziert. Doch diese Kunden werden in den kommenden Jahren keine neuen Schiffe bestellen», beklagte der VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken unlängst. Angesichts riesiger Auftragslöcher gehe es um mehr als eine Überbrückung fehlender Nachfrage. «Wir müssen uns ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, ob wir in Deutschland, gar in ganz Europa 2030 noch in signifikantem Umfang zivile Seeschiffe bauen werden.»
Zwischen Emden im Westen und Wolgast im Osten zählten die 60 größeren Werften 2019 noch 20.300 Beschäftigte. Mit Zulieferern bietet die Branche etwa 200.000 Arbeitsplätze. Neben dem Bau neuer Schiffe zählen Wartung, Reparaturen und Umbauten zum Geschäft.
Ein «klares Signal» erwartet IG-Metall-Bezirksleiter Friedrich von der 12. Nationalen Maritimen Konferenz am 10. und 11. Mai in Rostock. Dort müssten «konkrete Maßnahmen zum Schutz der Arbeitsplätze und Standorte» auf den Weg gebracht werden, so seine Forderung. Zu der Konferenz wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet.
Die Bundesregierung hatte bereits im vergangenen Jahr Geld für die maritime Wirtschaft zur Verfügung gestellt. Im vorigen Juni hatte sie ein beispielloses Konjunkturprogramm zur Milderung der Coronafolgen auf den Weg gebracht, darin war rund eine Milliarde Euro für Schiffbau und Schifffahrt in Deutschland enthalten.