Wer sein Elektroauto an öffentlich zugänglichen Ladesäulen lädt, soll künftig durch ein einheitliches System einfacher bezahlen können. Das Kabinett hat am Mittwoch eine entsprechende Novellierung der Ladesäulenverordnung auf den Weg gebracht.
Diese sieht vor, dass Betreiber von Ladesäulen künftig mindestens eine kontaktlose Zahlung mit gängiger Debit- und Kreditkarte anbieten müssen. Die Regelung zum einheitlichen Bezahlsystem gilt für alle Ladesäulen, die ab dem 1. Juli 2023 in Betrieb genommen werden, schon betriebene Ladesäulen müssen nicht nachgerüstet werden.
«Damit die E-Mobilität sich auf breiter Front durchsetzt, müssen wir nicht nur die Autos fördern, sondern auch das Laden und Bezahlen einfach und unkompliziert gestalten», sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) laut Mitteilung. Auch Menschen ohne Smartphone könnten durch die neue Verordnung jederzeit an den Säulen Strom laden und bezahlen. Auch werde so das grenzüberschreitende Laden und Bezahlen an Ladesäulen ermöglicht – die Kreditkarte sei überall einsetzbar. Die Lösung soll dazu beitragen, ein einheitliches europäisches Bezahlsystem bei Ladesäulen zu etablieren, hieß es.
Das Wirtschaftsministerium geht durch die Änderungen von einer gesteigerten Akzeptanz der Elektromobilität aus – unumstritten sind die verabschiedeten Bezahlvorgaben aber nicht. Verbände fürchten beispielsweise zusätzliche Kosten für Kunden und Anbieter sowie Verzögerungen beim Ausbau des Ladesäulen-Netzes.
«Das Bundeskabinett hat mit seinem heutigen Beschluss den Hochlauf der Elektromobilität künstlich erschwert», sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Durch die Pflicht zum Einbau von Kartenlesegeräten werde «ein zusätzlicher Bremsklotz geschaffen».
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte, dass die meisten Kunden bereits vertragsbasiert laden oder digitale Bezahlsysteme nutzen würden – der Bedarf für ein terminalbasiertes Bezahlen sei darum wohl auch in Zukunft gering. Es sei völlig ausreichend, auf Verträge, Apps oder digitale Bezahlsysteme zurückzugreifen.
Unterstützung erhielt der Verband von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Der CSU-Politiker gab im Kabinett nach eigenen Angaben eine Protokollerklärung ab, in der er vor Verzögerungen warnte. «Ich sage, wir brauchen den schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Bereich. (…) Die Umsetzung darf jetzt nicht behindert werden.» Scheuer riet dazu, die Verordnung nach der Bundestagswahl im September in diesem Punkt schnell wieder zu korrigieren.
Auch aus der Opposition kamen kritische Töne: Lange sei die Begleitregulierung zur E-Mobilität in Deutschland ins Leere gelaufen – deswegen gebe es auch keine einfache und einheitliche Bezahlmöglichkeit an den Ladesäulen, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Der aktuelle Entwurf gehe in die richtige Richtung, setze aber falsche Prioritäten. «Mit der einheitlichen Vorschrift für EC-Karten wird auf ein altes Pferd gesetzt, was nicht unbedingt noch in 10 Jahren auf dem Markt sein könnte», kritisierte er. «Warum man nicht ein einheitliches elektronisches Zahlverfahren vorschreibt, was zudem deutlich billiger ist, bleibt das Geheimnis von Peter Altmaier.»
Die Änderung der Ladesäulenverordnung umfasst neben den Bezahlvorgaben auch eine Datenschnittstelle für Nutzerinformationen und Vernetzung. Alle Ladesäulen, die ab dem 1. März 2022 in Betrieb genommen werden, sollen demnach Teil eines Systems sein, in dem Standortinformationen und dynamische Daten übermittelt werden können. So sollen Fahrerinnen und Fahrer dann wissen, wo freie Ladesäulen verfügbar sind. Neu ist unter anderem auch die Zulassung von Normalladepunkten, die ausschließlich mit fest angebrachtem Ladekabel ausgestattet sind – zuvor galt das nur bei Schnellladepunkten.