Die Entscheidung ist gefallen: Die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof bekommt mal wieder neue Eigentümer. Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und der Gesellschaft BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz will das Unternehmen übernehmen.
Das gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus in Essen offiziell bekannt. Beetz selbst war auch dabei. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Mit-Eigner der Warenhauskette sprach der 73-Jährige über die Pläne für Galeria und seine Motivation. Ein Überblick:
Was haben die neuen Investoren vor?
«Wir glauben an die Zukunft von Galeria und haben nur einen Fokus: das Warenhaus», sagte Beetz. Es sei möglich, Galeria auf einen erfolgreichen Kurs zu bringen. Er wolle einen Ort schaffen, wo Leute gerne hinkommen. Über sein Verhältnis zu Baker sagte er: «Was uns verbindet, ist die Liebe zum Warenhaus.» Dies sei Teil der deutschen Lebenskultur. Baker und er seien freundschaftlich verbunden. Baker selbst war am Mittwoch aber nicht vor Ort. Warum, sagte Beetz nicht.
Das operative Geschäft will er künftig gemeinsam mit dem bisherigen Galeria-Chef Oliver Van den Bossche führen. Der Belgier soll Geschäftsführer bleiben. Er selbst «stehe als Chairman beratend zur Seite und versuche, die großen Linien einzuziehen», so Beetz. Zur Rolle von Baker äußerte er sich nicht. Offen blieb ebenso, wie die Anteile unter den beiden Gesellschaftern künftig aufgeteilt sind. Auch bei anderen Themen antwortete Beetz nur vage.
Zu einem möglichen neuen Konzept für das Galeria sagte er nur: «Wir sind einfach besser. Wir haben gute Rezepte.» Man werde das Angebot verbessern und das ganze Unternehmen einbeziehen. Zu den geplanten Investitionen sagte er: «Wir schieben einen Batzen Cash in das Unternehmen.» Galeria werde darauf sofort Zugriff haben. Angaben zu der Höhe der geplanten Investitionen und zum Kaufpreis wollte Beetz nicht machen.
Wie viele Filialen bleiben?
Dem Insolvenzverwalter zufolge haben Baker und Beetz auch deshalb den Zuschlag erhalten, weil sie bereit seien, das größtmögliche Filialnetz zu übernehmen. So sollen voraussichtlich mehr als 70 der 92 Standorte fortgeführt werden. Diese Zahl ist Teil der Investorenvereinbarung, die notariell beurkundet wurde. Wie viele Standorte übrig bleiben und welche wegfallen, ist noch offen. Es ist davon abhängig, wie die Gespräche mit den Vermietern laufen, die Denkhaus in den kommenden Wochen abschließen möchte.
Der Insolvenzverwalter will die Mieten der Häuser reduzieren und strebt je nach Filiale eine Miete von sieben bis elf Prozent des dortigen Umsatzes an. In den Filialen, die sich in Immobilien im Besitz der Signa-Gruppe des österreichischen Unternehmers René Benko befinden, sind die Mieten vielfach deutlich höher. Galeria ist in allen Filialen Mieter. Denkhaus hatte zuletzt bereits angekündigt, Filialen zu schließen, wenn es kein Entgegenkommen der Vermieter geben sollte. Die Entscheidung über die Zukunft der Standorte soll voraussichtlich Ende April fallen.
Was für Folgen hat die Übernahme für die Beschäftigten?
Die Frage lässt sich zurzeit nicht beantworten. Es sei gelungen, «die große Mehrheit der Arbeitsplätze» zu retten, sagte Denkhaus. Aktuell beschäftigt die Warenhauskette 12.800 Menschen. Durch eine weitere Reduzierung der Anzahl der Standorte dürften dennoch Stellen wegfallen. Wie viele das sein werden, steht bisher nicht fest.
Es hängt davon ab, wie viele Filialen übrig bleiben. Konkreter wurde Denkhaus im Hinblick auf die Konzernzentrale in Essen. Dort sollen rund 450 Arbeitsplätze abgebaut werden, es trifft damit etwa die Hälfte der Belegschaft. Der Auszug aus der Zentrale ist Denkhaus zufolge sicher, der Mietvertrag endet 2025. Wo es hingeht, ist offen.
Der Gesamtbetriebsrat erklärte, den neuen Eigentümern «für eine konstruktive und arbeitsplatzsichernde Zusammenarbeit zur Verfügung» zu stehen. Es sei klar, dass es erneut zu harten Einschnitten kommen werde. «Aber es werden auch tausende von Arbeitsplätzen erhalten bleiben».
Wer sind die Investoren?
Die auf Einzelhändler ausgerichtete Beteiligungsgesellschaft NRDC von Richard Baker wurde 2005 gegründet. Der 58-Jährige verfügt über die Mehrheit an den Ketten Hudson Bay Company (HBC) und Saks Fifth Avenue, die in den USA und Kanada zahlreiche Warenhäuser betreiben. HBC übernahm 2015 die deutsche Warenhaustochter Galeria Kaufhof vom Handelskonzern Metro. Baker war also schon einmal Eigentümer – bis zur Fusion mit Karstadt und der Komplettübernahme durch die Signa-Gruppe 2019.
Der deutsche Manager und Unternehmer Bernd Beetz ist Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim. Er war während des Zusammenschlusses von Galeria Kaufhof und Karstadt in den Jahren 2018 und 2019 bereits Aufsichtsratschef von Kaufhof. Über viele Jahre sammelte der 73-Jährige Erfahrung im Luxus- und Konsumgütersegment. Bis 2012 leitete er elf Jahre lang den US-Kosmetikkonzern Coty. Zuvor war er beim französischen Luxusunternehmen LVMH für die Marke Christian Dior verantwortlich, davor zwei Jahrzehnte in unterschiedlichen Positionen beim US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble.
Wie lief Bakers erstes Kaufhof-Engagement?
Es war wenig erfolgreich. Baker, der damals HBC-Chef war, startete mit großen Versprechen. Im Oktober 2015 kündigte er gegenüber dem «Handelsblatt» an, den Umsatz des Unternehmens in fünf Jahren um 30 Prozent steigern zu wollen. Einer Fusion mit Karstadt erteilte er eine klare Absage.
Metro-Chef Olaf Koch sagte Jahre später der «Wirtschaftswoche», dass Kaufhof vor dem Verkauf an HBC hochprofitabel gewesen sei. Unter der Führung von Baker liefen die Geschäfte nicht rund. Kaufhof hatte mit Umsatzrückgängen zu kämpfen und schrieb unter dem Strich rote Zahlen. Ende 2018 vollzog Baker dann gemeinsam mit der Signa-Gruppe die Fusion von Galeria Kaufhof und Karstadt, 2019 übernahm Benko alle Anteile. Im folgenden Jahr rutschte der neue Warenhausriese, der europaweit mehr als 240 Standorte mit rund 32.000 Mitarbeitern hatte, in seine erste von mittlerweile drei Insolvenzen.
Beetz sagte rückblickend: «In der Vergangenheit wurden Fehler gemacht. Die sind auch verstanden worden.» Damals seien viele Entscheidungen abseits des operativen Geschäftes getroffen worden. Das solle nun anders werden.
Ist die Übernahme von Galeria schon vollzogen?
Nein. Die am Dienstag unterzeichnete Investorenvereinbarung mit den neuen Eigentümern tritt nur dann in Kraft, wenn das Amtsgericht Essen und die Gläubigerversammlung dem von Denkhaus erstellten Insolvenzplan zustimmen. Wenn sie das nicht tun, kommt der Verkauf nicht zustande. Vor der finalen Zustimmung durch Gläubiger und Gericht wird keine Galeria-Filiale schließen.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Insolvenzverwalter will bis Ende April einen Insolvenzplan vorlegen. Dieser muss vom Gericht geprüft werden. Die letzte Entscheidung über eine Übernahme durch einen neuen Eigentümer trifft die Gläubigerversammlung. Diese wird am 28. Mai in der Messe Essen zusammenkommen, um über den Insolvenzplan abzustimmen. Nimmt die Gläubigerversammlung ihn an, muss er vom Insolvenzgericht erneut bestätigt werden. Anschließend kann das Gericht das Insolvenzverfahren aufheben.