Die Verhandlungen über die Ölförder-Strategie des Opec-Kartells und seiner zehn Partnerländer sind heute ins Stocken geraten.
Eine für den Nachmittag geplante offizielle Online-Sitzung verzögerte sich bis zum Abend. Analysten gingen davon aus, dass es auch heute noch keine Einigung geben könnte und sich die Verhandlungen womöglich bis ins Wochenende hinziehen.
Angesichts der ausstehenden Förderentscheidung großer Produzenten haben sich die Ölpreise heute kaum von der Stelle gerührt. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 75,92 US-Dollar. Das waren acht Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel dagegen moderat um 29 Cent auf 74,94 Dollar.
Länder wollten sich gestern einigen
Angesichts des erwarteten Wirtschaftsaufschwungs und der weiterhin bestehenden Corona-Risiken plant die als Opec+ bekannte Gruppe grundsätzlich, die Produktion von August bis Jahresende stufenweise anzuheben. Eigentlich wollten sich die 23 Länder schon gestern auf die Förderpolitik ab August einigen. Doch ein Disput zwischen den Ölriesen Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten verhinderte eine Lösung. Während die Saudis für eine vorsichtige Linie eintreten, wollen die Emirate die Förderung kräftig anheben.
Die Vereinigten Arabischen Emirate forderten eine stärkere Erhöhung für ihr Land. Sie verwiesen darauf, dass ihre Produktionskapazität in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Damit insgesamt nicht zu viel Öl in den Markt fließt, könnte Saudi-Arabien im Gegenzug weniger produzieren, meinten Analysten der Unicredit: «Wir erwarten, dass eine Einigung erzielt wird, auch wenn die Verhandlungen angespannt sein werden und sich bis zum Wochenende hinziehen könnten.»
Saudi-Arabien, der größte Produzent der in Wien ansässigen Opec, ist für seine Zurückhaltung bekannt, wenn es um die Ausweitung der Fördermengen geht. Russland, das die Kooperationspartner der Opec anführt, vertritt eine liberalere Strategie. Insgesamt stehen die Zeichen auf ein vorsichtiges Anheben der Produktion, da die Allianz der Ölexporteure die ansteckenderen Virus-Varianten und die Folgen der riesigen Corona-Hilfen auf die Staatshaushalte im Blick hat.
Corona-Pandemie als Unsicherheitsfaktor
Eine grundsätzliche Einigung vom Donnerstag sah vor, die tägliche Fördermenge von August bis Dezember um monatlich je 400.000 Barrel anzuheben. Dazu hätte sich wohl auch Russland bereit erklärt. Der Streit zwischen den Golfstaaten kam aber dazwischen. Größter Unsicherheitsfaktor ist der Fortgang der Corona-Pandemie, der auch für die Entwicklung der Rohölnachfrage entscheidend ist.
Rohstoffexperte Eugen Weinberg von der Commerzbank verwies darauf, dass die Emirate bereits im vergangenen Jahr für Streit gesorgt und Sonderrechte eingefordert hätten. «Insgesamt haben wir das Gefühl, dass die Opec+ in der letzten Zeit angesichts der hohen Preise, der knappen Versorgungslage und der fehlenden Reaktion außerhalb der Allianz fast schon zu selbstsicher geworden ist», kommentierte er.