Europas Währungshüter verschaffen sich beim Thema Inflation mehr Spielraum.
Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt künftig für den Euroraum eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an, wie die Notenbank mitteilte. Das ist zwar etwas höher als die bisher veranschlagten «unter, aber nahe zwei Prozent».
Zugleich jedoch wird die EZB bei ihrem Bestreben, mittelfristig Preisstabilität im Währungsraum der 19 Staaten sicherzustellen, künftig zumindest zeitweise «moderat über dem Zielwert» liegende Inflationsraten akzeptieren. Mit einem solchen «symmetrischen» Inflationsziel ist die Notenbank nicht mehr unmittelbar zum Reagieren gezwungen, sollten die Inflationsraten zeitweilig nach oben oder nach unten von dem prozentualen Ziel abweichen.
Die Euro-Währungshüter empfehlen zudem, künftig auch die Preise für selbstgenutzte Wohnimmobilien mit in Berechnung der Inflationsrate aufzunehmen, die für sie ein zentraler Gradmesser für ihre Geldpolitik ist. Dies sieht die EZB jedoch als längeren Prozess.
Das veränderte Inflationsziel ist ein Kernergebnis der Überprüfung der geldpolitischen Strategie, welche die seit 1. November 2019 amtierende EZB-Präsidentin Christine Lagarde angestoßen hatte. In den vergangenen 18 Monaten ging es dabei um die Formulierung von Preisstabilität, das geldpolitische Instrumentarium und die Kommunikation der Notenbank.
Hauptziel der Notenbank ist ein ausgewogenes Preisniveau – im Jargon der Währungshüter: Preisstabilität. Dies sieht die EZB am ehesten gewährleistet, wenn die Preise im Euroraum moderat steigen. Daher wurde schon bei Gründung der EZB im Juni 1998 ein Inflationsziel mit Abstand zur Nullmarke gewählt.
Allerdings lag die Teuerungsrate im Euroraum seit 2013 oft deutlich unter der Zwei-Prozent-Marke. Und das, obwohl die EZB seit Jahren gewaltige Summen billiges Geld in die Märkte pumpt und die Zinsen auf Rekordtief hält. Kritiker werfen der EZB daher schon lange vor, sich mit ihrem starren Inflationsziel in eine Sackgasse manövriert zu haben und fordern mehr Spielraum.