Nicht jede Sau aus Hohenlohe darf ein «Hohenloher Landschwein» sein, nicht jede Kuh aus der Region ein «Hohenloher Weiderind».
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Donnerstag anhand dieser Beispiele entschieden, dass regionale Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel nach deutschem Markenrecht geschützt sein können – auch wenn sie nicht nach EU-Kriterien als sogenannte geschützte geografische Angaben (g.g.A.) gelten. Ob das nun Verbrauchern hilft, sehen die beiden Parteien unterschiedlich.
Es ging um Klagen der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, die einer Metzgerei aus der Region verbieten wollte, jene Bezeichnungen zu verwenden. Für die sogenannten Kollektivmarken nach deutschem Recht gelten den Angaben nach strenge Vorgaben für Fütterung, Haltung und Schlachtung der Tiere, die beim Deutschen Patent- und Markenamt hinterlegt seien. Die Metzgerei erfülle diese nicht, nutze aber dennoch die Label. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte 2019 zugunsten der Erzeugergemeinschaft entschieden. Revisionen gegen die Urteile wies der BGH nun zurück. (Az.: u.a. I ZR 163/19)
In der Konsequenz heißt das, nur die rund 1500 Betriebe der Erzeugergemeinschaft dürfen mit den Bezeichnungen «Hohenloher Landschwein» und «Hohenloher Weiderind» werben. Nach Einschätzung von Rechtsanwalt Ulrich Hildebrandt, der die Erzeuger vertritt, hat die BGH-Entscheidung Bedeutung für Tausende sogenannter Kollektivmarken.
Damit sei klar, dass der nationale Schutz parallel und unabhängig von den europarechtlichen Vorschriften gilt, fasste die Kanzlei das Ergebnis aus ihrer Sicht zusammen. Der Vorstand der Erzeugergemeinschaft, Rudolf Bühler, sagte laut Mitteilung: «Der heutige Tag stärkt die Rechte der Hohenloher Bauern, die seit Jahrzehnten ländliche Regionalentwicklung betreiben, und es ist gleichzeitig ein guter Tag für den Verbraucherschutz!»
Die unterlegene Seite, die Landmetzgerei Setzer, sah das gänzlich anders: Geschäftsführer Volker Setzer erklärte, Verbände könnten nun ihre Monopolstellung drastisch ausweiten – auf Kosten von Kleinunternehmern in der Region. «Der Leidtragende ist damit auch der Verbraucher.» Denn der BGH habe die Möglichkeit eröffnet, einen «Kennzeichenschutz» nach deutschem Recht selbst dann zu erhalten, wenn das identische Zeichen auf europäischer Ebene nicht schutzfähig sei. Es gebe keinen Grund mehr, strenge Qualitätskriterien einzuhalten, wenn ein Schutz viel leichter und ohne einen solchen Qualitätszusammenhang über nationales Recht geschaffen werden könne.
Der baden-württembergische Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) folgte dagegen der Interpretation der Erzeugergemeinschaft und bezeichnete die BGH-Entscheidung als «gleichermaßen ein Gewinn für regionale Wertschöpfungsketten und die Verbraucher». Immer mehr Menschen setzten auf regional erzeugte Produkte. «Grundlage für dieses berechtigte Verbrauchervertrauen sind eine verlässliche und nachvollziehbare Herkunft sowie transparente Produktionsrichtlinien», erklärte Hauk. Die Nutzer der Kollektivmarke müssten gewährleisten, dass die Markensatzung eingehalten werde.
Der BGH hätte zu dem Thema auch eine Anfrage an den Europäischen Gerichtshof stellen können. Warum die Richterinnen und Richter anders entschieden, blieb zunächst offen. Eine ausführliche Fassung des Beschlusses wird erst später veröffentlicht.